Rezension

Sprachgewaltig , atmosphärisch und intensiv

Der unsichtbare Freund - Stephen Chbosky

Der unsichtbare Freund
von Stephen Chbosky

Bewertet mit 5 Sternen

Auf dieses Buch war ich mega gespannt. Auch wenn mich die hohe Seitenanzahl enorm abgeschreckt hat, so kam ich trotzdem nicht drumherum.
Das Cover ist absolut perfekt zum Titel gewählt, denn es drückt das aus, was es soll.

Hervorheben muss ich wirklich den absolut genialen Schreibstil des Autors.
Sehr sprachgewaltig , packend und bildhaft.
Hier erwachen nicht nur Wörter zum leben. Hier tun es auch die Geräusche und das auf sehr beängstigende Art und Weise. Es ist ein perfektes Zusammenspiel, das die unheimliche und beklemmende Atmosphäre nur noch mehr unterstreicht.
Es ist unglaublich intensiv. Es breitet sich wie Gänsehaut auf dem Körper aus und nichts kann diese mehr vertreiben.
Je tiefer man hineingerät, umso weniger kann man sich davon lösen. Wie ein Rausch , der die Sinne vernebelt. Es gibt kein Entkommen.
Nicht für uns. Nicht für Christopher. Für niemanden.

Fakt ist: es führt eine Straße nach Mill Grove hinein und eine wieder hinaus.
Kate und Christopher entfliehen ihrem alten Leben und landen genau da.
Ohne zu wissen, daß sie damit geradewegs auf den Abgrund zusteuern.
Denn Christopher ist der eine , der 6 Tage spurlos verschwand.
Und mit Christophers erneutem Auftauchen nimmt das Verhängnis seinen Lauf.

Nur wenige Zeilen hat es gebraucht, und ich war vollkommen in dieser Welt versunken.
Großartig fand ich nicht nur die komplette Grundidee dahinter. Sondern vor allem die Charaktere, die dem Ganzen zu etwas schier unglaublichen verholfen haben.
Allen voran natürlich Christopher und Kate , die ich sofort ins Herz geschlossen habe. Ihr Hintergrund hat mich wirklich beschäftigt und zum grübeln gebracht.
Doch daneben lernt man noch so viel mehr Menschen kennen.
Die Charaktere sind sehr tiefgründig ausgearbeitet und man erlebt all das , was sie ausmacht und antreibt. Es lässt sich nicht in gut oder böse packen. Die Facetten dessen sind viel größer und gewaltiger.
Sie haben alle ihr Päckchen zu tragen. Einige mehr, andere weniger.
Aber dadurch sind sie angreifbar und verletzlich. Was einen perfekten Grundstock für die Story liefert.
Denn alles muss auf irgendetwas aufgebaut werden , um Halt zu finden. Und das ist damit eindeutig der Fall.
Zudem sind sie sehr authentisch, greifbar und lebendig.
Da besonders Christopher und Kate im Fokus stehen, habe ich in erster Linie unglaublich mit ihnen gezittert und gelitten.
Ich fühlte aber auch sehr intensiv den Schmerz, die Verzweiflung und die Angst von außen.

Bereits die Vorgeschichte sorgte für ordentlich Grauen und Gänsehaut. Die ganze Zeit über fragt man sich fast manisch, was zum Teufel in diesem Wald vor sich geht.
Was macht ihn so gefährlich und warum wird ein kleiner Junge ausgewählt?
Die Lösung ergibt sich im Laufe der Handlung.
Es ist einfach und so schlüssig. So wie es schon immer war.
Am Anfang war es Christopher , der verschwand.
Christopher , der sich mit halsbrecherischer Geschwindigkeit veränderte und zu brennen anfing.
Ja, man freut sich und doch nagt ein Zweifel an einem.
Als Leser denkt man, man weiß, worin die wahre Absicht besteht.
Im Frieden. In der Heilung.
Doch der wahre Alptraum ist etwas, was man nicht durchschauen kann.
Es trägt Spuren von Wahnsinn, Macht und Gier in sich.
Eine Abgründigkeit und Perfidität, die zum greifen nah ist.
Die abstößt, anzieht und komplett verschlingt.
Ein unmerkliches Zischen, das sich zum Crescendo ausweitet. Es schwillt an und plötzlich wird alles dem Erdboden gleichgemacht.
Mich hat der Autor wirklich enorm überrascht, wie vielschichtig und wendungsreich das Ganze wurde.
Ich war ehrlich geschockt , aber auch unglaublich beeindruckt von seiner Genialität und Weitsicht.
Die phantastischen Elemente sind einfach genial und faszinierend ausgearbeitet und ich konnte gar nicht genug davon bekommen.
Denn es geht nicht nur um einen kleinen Jungen, der zwischen den Kampf von Gut und Böse gerät.
Es geht darum, worin unsere wahren Ängste verborgen liegen.
Wie verzweifelt wir manchmal Anschluss suchen, um nicht an der Einsamkeit zu ersticken.
Es geht um den Schmerz, den wir uns und unserer Umgebung zufügen.
Wie sehr wir uns nach Liebe sehnen und wie sehr sie uns manchmal verwehrt bleibt.

Es geht um das Gleichgewicht von Gut und Böse.
Doch wie sind diese überhaupt erkennbar?
Mich hat diese Geschichte einige Höhen und Tiefen durchlaufen lassen.
Mitunter ist es wirklich grauenhaft und brutal. Auch in psychologischer Hinsicht. Denn dort liegen die wahren Qualen verborgen.
Stephen Chbosky schafft es dauerhaft Spannung zu erzeugen, so daß man das Buch einfach nicht zur Seite legen kann.
Lediglich die letzten 100 Seiten waren für mich doch etwas verwirrend. Weil es Schlag auf Schlag ging. Ständig neue Erkenntnisse durchsickerten und doch hat man das Gefühl, man dreht sich im Kreis.
Es ist, als würde man den rettenden Ausgang nicht finden können.
Mit der Auflösung wurde ich sehr überrascht. Denn das hatte ich so nicht erwartet und sorgte doch für einige Momente , die mich zum sinnieren brachten.
Es ist offen, als auch abgeschlossen. Lässt der Fantasie freien Lauf und genau das, gefällt mir so gut daran.
Schlussendlich eine extrem mystische, wie unheimliche Story, die das Blut in den Adern gefrieren lässt und mich absolut und gnadenlos um den Verstand gebracht hat.
Unbedingt mehr davon.

Fazit:
“Der unsichtbare Freund ” ist ein absolutes Meisterwerk.
Sprachgewaltig , atmosphärisch und intensiv.
Ein Horror – Thriller, der das Blut in den Adern gefrieren lässt und ständig unter Strom setzt.
Phantastische Elemente und eine unheimliche Story, die auch in psychologischer Hinsicht sehr viel mit auf den Weg gibt und einfach herausragend ausgearbeitet wurde.
Ich bin absolut begeistert von der Genialität und Weitsicht dessen.
Ein absolutes Highlight.

Kommentare

hobble kommentierte am 20. November 2019 um 07:05

was fürs wunschregal