Rezension

Sprachgewaltiger erster Teil einer Norwegen-Saga

Die Glocke im See - Lars Mytting

Die Glocke im See
von Lars Mytting

Norwegen - Gulbrandsdalen - Glocken - Stabkirche - heidnischer Glaube - harte Zeiten

Ein abgelegenes Tal in Norwegen um 1880. Das Leben ist hart, die Winter lang und die Gottesdienstbesucher (er)frieren in der kalten Stabkirche. Der neue Pfarrer möchte endlich eine neue, moderne, gut beheizbare Kirche. Um dies zu finanzieren, hat er Kontakt zur Kunstakademie Dresden aufgenommen, die die alte Kirche abreißen und in Deutschland neu aufbauen würde, um dieses architektonische Kleinod zu erhalten. Ein Kunst-Architekturstudent wird nach Norwegen geschickt, um den Abbau der Kirche vorzubereiten. Und so kommt die Moderne in das norwegische Tal. Dort hängt man noch mehr den alten Sagen und Mythen an, als es dem Pfarrer recht ist, der die Menschen in ein modernes Leben führen möchte - und den alten heidnischen Volksglauben ausrotten will - am besten direkt mit der alten Kirche zusammen. 

Doch bei einigen Einwohnern regt sich leiser Widerstand. Vor allem bei Astrid Hekne, deren Vorfahren einst die Zwillings-Glocken spendeten, die in der alten Kirche läuten. Und die auch von alleine läuten können - wenn Gefahr herrscht.  
Astrid ist eine junge Frau, die sich einerseits mehr vom Leben erhofft als das, was die Gegend normalerweise für Frauen bereit hält. Aber sie hat auch ein Gespür für die Gesamtheit aus Vergangenheit und Gegenwart und schaut über den Tellerrand. Daher ist der Student aus Deutschland fast ein Wesensverwandter für sie - aber auch mit dem Pfarrer verbindet sie ein tiefes Verständnis. Gleichzeitig sind alle in den Traditionen und Werte-Vorstellungen ihrer Zeit gefangen. Was wird das Schicksal für Astrid bereithalten? Werden die Glocken im Tal verbleiben? Wird Astrid im Tal bleiben?
Dieses Buch ist der erste Teil einer geplanten Trilogie. Beeindruckend ist die Sprache, in der der Autor die Geschichte erzählt. Bildhaft mit  einigen mystischen Anklängen werden Tragödien und kleine schöne Momente beschrieben. Es überwiegt die Tragik - was angesichts der Zeit damals nicht anders möglich ist - die Lektüre aber manchmal fast schmerzlich macht.
Aber die nächsten Teile der Trilogie werde ich trotzdem gerne lesen - manchmal muss gute Literatur eben auch schmerzlich sein