Rezension

Sprachtalent mit Feinschliff

So, und jetzt kommst du
von Arno Frank

Bewertet mit 5 Sternen

Das Buch beginnt grandios: Ein 4-jähriges Kind findet seine ohnmächtige Mutter, spielt in kindlicher Naivität an ihr herum, hopst auf ihr herum, bis die Mutter aus der Ohnmacht erwacht. Eine unglaublich intensiv geschilderte Szene, die symptomatisch ist für dieses Buch: Naives Spiel und Existentielles in unauflösbarer Verbindung.

Wir begleiten dieses Kind über ca. 9 Jahre hinweg auf einem geradezu unfassbaren Lebensweg. In den 80er Jahren lebt die Familie in bescheidenen Verhältnissen in der Provinz, die Eltern lieben sich, der Vater hat viele Ideen, um an Geld zu kommen, die Mutter steht stets verlässlich an seiner Seite. Und plötzlich hat der Vater Erfolg, die Familie baut sich sozusagen über Nacht ein neues Leben in Frankreich auf, die Kinder bekommen alles, was sie sich wünschen, bis klar wird, dass es sich um unterschlagenes Geld handelt und die Familie vor dem Zugriff der Behörden weiter durch Europa fliehen muss.

Diese Geschichte, so authentisch erzählt, als habe der Autor alles selbst erlebt, ist das Eine. Das Andere aber, das was das Buch ausmacht, ist das unglaubliche Sprachtalent, dem ich auf jeder Seite begegne. Die Hauptperson, der Junge, den wir ca. 9 Jahre begleiten, hat eine unfassbare Leidensfähigkeit. Er rettet sich in das seismographische Beobachten, um zu überleben. Der Junge, und damit der Autor, verfügt über eine ganz fein ziselierte Kunst des Wahrnehmens und findet ungekünstelte Sprache dafür. Die Wahrnehmungen hat man alle selbst schon gemacht, unbewusst, ohne je Worte dafür zu finden, und an die man sich beim Lesen erinnert. Ein Buch, das lange, lange nachwirkt...