Rezension

Spurensuche auf Mauritius

Alma - Jean-Marie G. Le Clézio

Alma
von Jean-Marie G. Le Clézio

Bewertet mit 3.5 Sternen

Auf der Insel Mauritius forscht der Icherzähler auf den Spuren des 1690 ausgestorbenen Dodo und sieht sich parallel dazu mit der Geschichte seiner Familie konfrontiert, die von der Insel stammt. Mehrere Icherzähler verdeutlichen den Unterschied zwischen weißen Plantagenbesitzern, deren vollständige Namen auf Grabsteinen nachzulesen sind, und Sklaven der Zuckerrohrplantagen, die meist nur einen Vornamen trugen und denen kein Grabstein gesetzt wurde. Die Familie Felsen (die Ähnlichkeit zu le Clézios eigener Familie ist unübersehbar) bestand aus dem angesehenen weißen Zweig des Dominique F. und dem farbigen Dominque/Dodo, Sohn des Patriarchen und einer Kreolin aus Réunion. Dodo erkrankt bereits als Jugendlicher an Lepra und ist durch die folgende Ausgrenzung zu einem Leben als Clochard verurteilt. Auf einer weiteren Ebene erfährt man von der ehemaligen Zuckerrohrplantage und dem Niedergang der Familie. Am Ende ist zu akzeptieren, dass es mehr als eine Variante der Familiengeschichte und der Sklaverei gibt.

Die vielen Stimmen, die sich hier zu einer Geschichte der Insel übereinanderlegen, haben mich stark an Seethalers „Das Feld“ erinnert, in dem auch viele Stimmen verschiedene Sichtweisen der Ereignisse zu einem Gesamtbild beitragen. Die Vielstimmigkeit muss man mögen, um nicht den Überblick zu verlieren, und die Kenntnis von Clézios „Der Afrikaner“ hilft bei der Abgrenzung biografischer und fiktiver Handlungsfäden.

 

Kommentare

wandagreen kommentierte am 10. April 2020 um 22:35

Ich glaube, er hatte Syphilis - es war auf alle Fälle eine Geschlechtskrankheit!

Buchdoktor kommentierte am 10. April 2020 um 22:45

Stimmt, der Vater infizierte u. a. seine Hauptfrau, die daran starb.