Rezension

Standard

Der freie Hund - Wolfgang Schorlau, Claudio Caiolo

Der freie Hund
von Wolfgang Schorlau Claudio Caiolo

Bewertet mit 4 Sternen

Der Krimi hat was von einem Krimi erwartet wird – im Wesentlichen nicht mehr und nicht weniger.

Der Krimi hat was von einem Krimi erwartet wird – im Wesentlichen nicht mehr und nicht weniger. Damit stellt mich das Buch zufrieden, es hinterlässt jedoch keinen nachhaltigen Eindruck, lässt mich nicht über einzelne Formulierungen sinnieren oder vor lauter Begeisterung meinem gesamten Bekanntenkreis das Buch aufdrängen. Eine soll herausragende Geschichte ist es nicht.

Dafür ist die Erzählung zu langsam und zu standardmäßig. Sie reißt mich nicht immer mit und verlässt sich stattdessen auf mein Durchhaltevermögen bis zur nächsten erzählerischen Spitze. Ein solcher Höhepunkt ist in dem Buch nicht immer ein Wendepunkt in der Handlung, ein besonderes Ereignis oder dergleichen. Tatsächlich ist es für mich meistens eine Kleinigkeit, etwa ein unterhaltsamer verbaler Schlagabtausch oder ein eigner Blickwinkel, der klarmacht, was mit diesem Buch eigentlich erzählt werden soll. Diese Passagen reichten tatsächlich dann immer wieder einmal über das hinaus, was ich als Standard von einem Krimi erwarte.

Mit Venedig haben sich die Autoren kein unbeschriebenes Blatt ausgesucht. Die Lagunenstadt ist Schauplatz unzähliger Bücher. Besonders im Krimi-Genre fällt mir in Zusammenhang mit der Stadt immer der Name Donna Leon ein. Sich damit zu messen, wäre eine ziemliche Herausforderung gewesen und wurde klugerweise deswegen auch nicht gemacht. Während Donna Leon in ihren Büchern einen verklärten Blick auf die Stadt zeigt, die Romantik hervorhebt und Sehnsüchte weckt, nähert sich „Der freie Hund“ von einer ganz anderen Seite. Der Protagonist, Commissario Morello, ist mit seiner Zwangsversetzung nach Venedig unglücklich. Er sehnt sich zurück in seine sizilianische Heimat. Die Lagunenstadt ist ihm zu eng, die Kanäle zu trüb und dreckig, die Touristenmassen lästig und nervenaufreibend. Von den ersten Seiten an zeigen die Autoren die Schattenseiten der Stadt: Übertourismus durch Kreuzfahrtschiffe, Kleinkriminalität, Schäden an Stadt und Umwelt.

Das alles kenne ich eher aus den Nachrichten und nicht aus Büchern. In der Literatur ist Venedig, wie bei Donna Leon, ein einzigartiges Paradies. Dass sich dieses Bild mit dem Buch jetzt zu einer realistischeren Perspektive hin ändert, fand ich sehr spannend und abwechslungsreich. Damit lassen sich in Venedig ganz neue Krimis schreiben. Das geschieht in „Der freie Hund“ auch, nur kommt leider trotzdem nur der übliche Krimi-Standard dabei heraus.