Rezension

Stark beginnender Roman, der an seinen eigenen Ambitionen scheitert

Morgen, morgen und wieder morgen -

Morgen, morgen und wieder morgen
von Gabrielle Zevin

"Morgen, morgen und wieder morgen" fängt vielversprechend an, lässt dann aber im weiteren Verlauf stark nach. Besonders die Zunahme von Klischees, Oberflächlichkeiten und überflüssigen Passagen in der zweiten Hälfte trübten den ersten positiven Eindruck für mich.

Nach einem Unfall, bei dem sich Sam als Jugendlicher schwer verletzt, muss er längere Zeit im Krankenhaus verbringen. Dort freunden er und Sadie sich, indem sie gemeinsam Videospiele spielen. Später treffen sie sich zufällig als Juniors in Harvard (Sam) und am MIT (Sadie) wieder. Sie verbringen den Sommer damit, gemeinsam das Videospiel "Ichigo" zu entwickeln, das ihnen einen großen Erfolg in der Gaming-Branche beschert, während sie sich eine Wohnung mit dem wohlhabenden Schauspielstudenten Marx teilen.
Über die Jahre hinweg haben Sam und Sadie eine dauerhafte freundschsatliche Verbindung.

Keine Frage, der Roman ist unterhaltsam und gut geschrieben. Der lockere und leichte Schreibstil sorgt dafür, dass man nur so durch die Seiten fliegt und leicht in die Geschichte eintaucht. Auch muss man kein Gaming-Fan sein und vom Spieldesign und -produktion Ahnung haben um der durchaus interessanten Handlung folgen zu können.

Doch leider hat "Tomorrow, Tomorrow, Tomorrow" nicht so einen bleibenden Eindruck hinterlassen, wie ich es mir nach all den Lobeshymnen erhofft habe.
Zum einen mangelt es der Geschichte mit zunehmender Seitenanzahl an Fokussierung, sodass sich dich Handlung sich vermehrt in Nebensächlichkeiten verliert, wodurch die Tiefe in der Charakterzeichnung und der Handlung verloren geht. Verstärkt wird dies dadurch, dass häufig vom Handlungsstrang in der Gegenwart zu verschiedenen Punkten in der Vergangenheit gesprungen wird.
Zum anderen fängt der Drang der Autorin "woke" zu sein und soziale bzw. gesellschaftliche Kommentare einzufügen mit zunehmenden Romanverlauf an leicht zu nerven (z.B. das Thema Rassismus und kulturelle Aneignung). Ich respektiere und verstehe ihre Absicht, das Bewusstsein für dringende soziale Probleme zu schärfen und für Diversität zu sorgen, aber teils wirkte es arg konstruiert und aufgesetzt sowie teils belehrend, wodurch ihre Botschaft an Glaubwürdigkeit bzw. Authentizität verlor. Ich finde es faszinierend, wenn Autoren und Autorinnen es schaffen, die Erkundung gesellschaftlicher Belange geschickt in ihre Erzählungen einweben. Leider gelang dies Zenin nur bedingt.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Freundschaft von Sam und Sadie. Ich fand die Freundschaft zwischen den beiden nicht ausreichend entwickelt, um all die Konflikte und Turbulenzen zu rechtfertigen, die sie durchleben. So konnte ich Sams Idealisierung von Sadie nicht wirklich nachvollziehen, da Sadie und Sam im Laufe des Buches sich häufig gegenseitig schlecht behandeln und sich streiten und diese Streitigkeiten dann durch Vergessen und Verzeihen lösen, anstatt über den Konflikt zu kommunizieren und zu verarbeiten, was eigentlich passiert ist.

Insgesamt ist "Morgen, morgen und wieder morgen" ein interessanter Roman über Freundschaft sowie Videospiele und die Gaming-Branche mit einem einnehmenden Schreibstil, aber ab der zweiten Hälfte bricht der Roman unter dem Gewicht seiner eigenen Ambitionen zusammen.