Rezension

Stark im Detail, schwach im Gefühl

Die Söhne der Wölfin - Tanja Kinkel

Die Söhne der Wölfin
von Tanja Kinkel

Bewertet mit 3.5 Sternen

Ilian ist schwanger, von einem Gott, wie sie sagt, doch keiner glaubt ihr. Kaum sind die Zwillinge auf der Welt, verlässt sie ihre Kinder, ihre Rache schon vor Augen.

Das Ende der Geschichte ist jedem bekannt, der sich etwas mit der Mythologie auskennt. Interessant ist hier, wie in der griechischen Tragödie, der Weg zum Ziel. Ilian, Mutter der Zwillinge, ist eiskalt, unberechenbar und doch heiß begehrt und mit einem faszinierenden Einfluss auf jeden, dem sie begegnet. Ihr Charakter reift dabei durchaus heran, hat sogar einen Moment des Erkennens der eigenen Grausamkeit. Dennoch ist sie kein liebeswerter Charakter oder eine Figur, mit der der Leser Mitleid haben kann.

Ähnlich ist es bei Romulus, der früh von starken, negativen Gefühlen geleitet wird und dabei stets glaubt, einen kühlen Kopf zu bewahren. Im Grunde kommt er nie über das Stadium eines trotzigen Kindes heraus, während Romulus immer zu naiv bleibt, um die Realität ertragen zu können.

Da ich ein großer Mythen-Freund bin und mich selbst immer wieder gerne von ihnen inspirieren lasse, fand ich es sehr interessant, was die Autorin daraus gemacht hat. Ganz toll fand ich dabei das Interview, das dem Roman hinten angestellt ist, in dem Tanja Kinkel ihre Beweggründe erklärt.

Trotzdem war das Buch zeitweise langwierig zu lesen. Durch Ilians manipulierenden Charakter ist sie die Figur, die steuert, nicht die, die vom Schicksal herumgeschleudert wird. Dadurch verliert die Geschichte einiges an Dynamik. Alles scheint bereits am Anfang fest zu stehen und Ilians Plan fasst die Jahre mit ein, die es dauert, ihr Ziel zu erreichen. An einigen Stellen wird der Roman darum mehr berichtend, denn erzählend oder zeigend.

Die historischen Begebenheiten und Details fand ich dabei sehr interessant und gut dargestellt. Der Fokus liegt meiner Meinung nach etwas zu sehr auf der Stellung der Frau, was die Geschichte leicht zu einer Art Emanzipationsroman werden lassen könnte, was dann doch nicht gelingt, denn die Frau der Antike wird klar als unterdrückt und „gefangen“ beschrieben. Gut gewählt war dabei die Zerrissenheit des Barden Ulsna, der als Zwitter zwischen den Geschlechtern wählen kann.

Alles in Allem war das Buch sehr interessant und hatte seine Stärken, konnte mich aber auch nicht richtig in Begeisterung versetzen