Rezension

Starke Frau

Lola - Melissa Scrivner Love

Lola
von Melissa Scrivner Love

Bewertet mit 4 Sternen

Inhaltsangabe

South Central, L.A. Lola Vasquez ist klein, zierlich, unscheinbar, anscheinend eine Chica unter vielen in der Latino-Gang The Crenshaw Six. Die Gang versucht möglichst unauffällig zu agieren und zu dieser Strategie in einer Mucho-macho-Welt gehört auch, dass Lola nicht sichtbar wird, denn in Wahrheit ist sie die Chefin der Gang, ebenso brillant wie rücksichtslos.

Die Karten werden neu gemischt, als sie in einen Krieg zwischen einem etablierten Großdealer, einem expansionswilligen mexikanischen Kartell und einem neuen Großlieferanten gezogen wird. Auch die Polizei und die Staatsanwaltschaft mischen mit – eine Gang wie jede andere. Lolas Achillesferse ist ihre Familie, ihre Crack-Mutter und ihr nicht allzu schlauer Bruder. Als es hart auf hart kommt, muss Lola ein paar Entscheidungen fällen, die alles andere als leichtfallen…

Meine Meinung

Lola ist mexikanischer Abstammung und wächst in den übelsten Verhältnissen auf. Von klein auf in eine bestimmte Richtung gedrückt, Hoffnungslosigkeit jemals diesem Milieu zu entfliehen. Und trotzdem ist Lola eine starke Protagonistin, welche sich ihrem Schicksal pragmatisch stellt. Sie muss sich nicht künstlich in den Vordergrund rücken, obwohl sie die eigentliche Chefin der Gang ist, lässt sie nach außen den Männern den Vortritt – bis die Gang in Vorgänge gezogen wird, welchen Lola sich nicht mehr entziehen kann.

Ich finde den Charakter der Lola sehr gut gezeichnet. Man merkt in Lola die Gegensätze – einmal die starke Frau, die ohne mit der Wimper zu zucken anderen eine Kugel zwischen die Augen jagt ohne auch nur die geringste Reue dafür zu empfinden und auf der anderen Seite die Tochter und Frau mit Mitgefühl, die sich um die cracksüchtige Mutter kümmert oder das kleine Mädchen rettet, damit es nicht das gleiche Schicksal erleidet, wie sie selber als Kind.

Die Männer kamen in diesem Buch alle ein bisschen unklar gezeichnet weg, die Charaktere blieben ein wenig im Nebel, aber so schaffte die Autorin es, dass der Leser sich vollends auf Lola einlässt und anhand ihres Charakters ein Milieu aus Brutalität, Betrug, Verrat und Missbrauch kennenlernt.

Plot und Schreibstil sind einzigartig. Auch wenn ich finde, dass kein sich steigender Spannungsbogen vorhanden ist, fand ich die Geschichte doch sehr spannend und interessant. Die Übergänge zwischen Gut und Böse sind fließend und nicht wirklich wahrnehmbar, vielleicht deshalb die empfundene gleichbleibende Spannung. Teilweise fand ich den Schreibstil regelrecht sachlich, so wie wenn man ein Tagebuch liest. Aber das tat dem Lesevergnügen keinen Abbruch.

Während des Lesens des Buches spürte ich eine gewisse Hoffnungslosigkeit für Kinder welche in dieses Milieu geboren werden: Zitat S. 389 „Und dann spielen sie zusammen, Lola und Lucy, während Maria hinter ihnen das Linoleum schrubbt, das nie sauber werden wird.“

Fazit

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Starke Hauptprotagonistin, interessanter Plot, gleichbleibende Spannung. Allerdings hätte ich es wahrscheinlich eher weniger als Thriller eingestuft, da hätte ich dann doch einen sich steigernden Spannungsbogen erwarte