Rezension

Starke Idee, aus der man mehr hätte herausholen können!

Flammen über Arcadion - Bernd Perplies

Flammen über Arcadion
von Bernd Perplies Isabelle Hirtz

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt

 

Eine ans Mittelalter erinnernde Gesellschaft inmitten einer zerstörten Landschaft scheint die letzte Rettung der Menschheit zu sein. Doch der Schein trügt und der Glaube Caryas an das Licht Gottes wird auf eine harte Probe gestellt.

 

Carya Diodato lebt in Arcadion unter dem Schutz des Lux Dei, eines religiösen Ordens, der den Bewohnern eine Zufluchtsstätte vor dem Sündenverfall der Außenwelt bietet. Die Menschen sind auf den technischen Stand des Mittelalters zurückgefallen. Nur vereinzelt lagern die Templer des Ordens Technik aus der Zeit vor dem so genannten „Sternenfall“, um die Unschuldigen vor den Mutanten und Räubern vor den Toren der Stadt zu beschützen.
Doch das angebliche Paradies, von dessen Idealen Carya felsenfest überzeugt ist, entpuppt sich bald als ganz und gar nicht perfekt, als sich ihre beste Freundin in einen Invitro, einen im Brutkasten gezeugten Menschen, verliebt.
Nachdem jener von der Inquisition des Lux Dei gefangen genommen wurde und Carya sich bereit erklärt hat, Rajael zu helfen, lernt sie die dunkle Seite des Ordens kennen.
Und gerät bald selbst ins Visier der Mächtigen von Arcadion.

 

Meinung

 

Ich muss gestehen, der Klappentext und das wunderschöne Cover haben mich sofort angesprochen. Mittelalterroman trifft einfallsreiche Utopie, so war zumindest meine Erwartung, die auch größtenteils erfüllt wurde.
Schon auf den ersten Seiten wurde ich dann positiv überrascht: Perplies nimmt sich viel Zeit, seine erdachte Welt zu beschreiben und einem bildlich vor Augen zu führen. Sowohl die Umgebung als auch die gesellschaftlichen und politischen Gegebenheiten dieser fremden Welt erschließen sich dem Leser schnell, ohne dass zu viel oder zu wenig verraten wird. Carya erweist sich dabei als sympathische Fremdenführerin, aus deren Perspektive man das Geschehen zuerst erlebt. Ihre anfängliche Naivität verwandelt sich glaubhaft in berechtigte Zweifel an dem Lux Dei und seinen Methoden und man fühlt mit ihr, während ihre frühere Welt langsam zerbricht. Aber auch Jonans inneren Zwiespalt zwischen Pflichtgefühl und seinem eigenen Unrechtsbewusstsein nimmt man der Figur sofort ab. Die Erzählweise aus zwei Perspektiven heraus finde ich sowieso sehr angenehm, da man dadurch einen viel tieferen Einblick in das Geschehen erhält.

 

Positiv überrascht hat mich zudem der Schreibstil, der zwar flüssig und leicht zu lesen ist, allerdings auch komplexer, sehr ausdrucksstark und bildhaft sein kann. Dadurch wird eine ganz eigene Atmosphäre erzeugt, die einen von Anfang an in die Story hineinzieht, obwohl diese nicht sofort von Action geprägt ist.
Leider werden der religiöse Fanatismus und die Machtgier des Lux Dei mir etwas zu klischeehaft dargestellt, zu sehr an der Oberfläche gehalten und zu wenig in die Tiefe gehend. Gerade bei einer Dystopie hätte man mehr aus dieser Idee herausholen können. Stattdessen schneidet der Autor das Thema lediglich an und beschränkt sich auf grobe Ausführungen, was das Wirken und die Ziele des Ordens angeht.
Vor dem Hintergrund erscheint auch Caryas Hintergrundgeschichte zu konstruiert, da man außer ihren ominösen Fähigkeiten und einem Artefakt ungeklärten Ursprungs kaum etwas darüber erfährt.
Doch in den Folgebänden bleibt noch reichlich Gelegenheit, das auszuarbeiten und ich bin schon gespannt, wie Perplies die einzelnen Geheimnisse lüftet.

 

Fazit

 

Flammen über Arcadion ist der gelungene Auftakt zu einer Dystopientrilogie, die vor allem durch eine originelle Idee besticht. Gut durchdachte und glaubhafte Charaktere wissen zu überzeugen und den Leser an die Handlung zu fesseln, selbst wenn diese erst nach und nach an Fahrt gewinnt. Leider erfährt man dabei sehr wenig über die Vorgeschichte Caryas und vor allem Arcadions, was besonders in Caryas Fall ihren Fähigkeiten und ihrer Herkunft etwas Konstruiertes, weit Hergeholtes verleiht.
Wer Dystopien mit historischem Flair gepaart mit einer guten Portion Science Fiction liebt, der dürfte von dem Roman trotzdem begeistert sein. Bei mir jedenfalls steht der zweite Band Im Schatten des Mondkaisers schon weit oben auf der Wunschliste.