Rezension

Starker Anfang, schwacher Schluss

Vox - Christina Dalcher

Vox
von Christina Dalcher

Bewertet mit 4 Sternen

"Das Böse triumphiert, wenn gute Menschen nichts tun!" Das sagt der 17jährige Steven zu seiner Mutter, als seine Freundin inhaftiert wird.

Und das Böse triumphiert in diesem Plot schon lange, denn der amerikanische Präsident wird von einem evangelikalen Priester beeeinflusst, der die "natürliche Ordnung der Dinge" wieder herstellen will. Das bedeutet, dass weiße Männer an der Spitze der Entwicklung stehen, weiße Frauen weit darunter und dann folgt der  "Rest" der Menschheit. Alle Frauen wurden aus ihren Berufen entfernt, die Männer müssen für sie mitarbeiten. Die Frauen kümmern sich allein um Haushalt, Kindererziehung und dürfen nur 100 Wörter am Tag sprechen. Überwacht wird das durch einen Wortzähler am Handgelenk, der auch Stromstöße aussendet, wenn eine Frau mehr als diese 100 Wörter benutzt. Überwachung ist allgegenwärtig, auch Zeichensprache ist verboten. Wer nicht pariert, wird in Lager gebracht, in denen überhaupt nicht mehr gesprochen werden darf. Der Traum jeden Mannes?

Jean McClellan war eine hervorragende Wissenschaftlerin, sie ist nun sehr unglücklich und denkt oft darüber nach, was aus ihrer kleinen Tochter werden soll, die ebenfalls unter diesen Bedingungen aufwachsen muss. Als sie die Chance ergreift an einem wichtigen Forschungsprojekt teilnehmen zu dürfen, für das sie als Kapazität auf ihrem Gebiet unbedingt gebraucht wird, hat sie die Chance ihrem engen Dasein zu entkommen. Gemeinsam mit ihrem heimlichen Geliebten Lorenzo versucht sie die Entwicklung zu immer mehr Totalitarismus zu stoppen.

Das Buch ist sehr gut geschrieben und der Plot hoch interessant. Man sieht ja an Ländern wie Afghanistan, wie schnell man Frauen von Bildung und Teilhabe ausschließen kann. Auch der amerikanische Präsident ist nicht gerade ein Vorbild an Frauenfreundlichkeit. In diesem Sinne ist es auch sehr politisch.

Bis etwa 100 Seiten vor Schluss ist das Buch wirklich gut, doch dann wird es fahrig und man hat den Eindruck. das die Autorin nur noch schnell fertig werden will, als wenn der Abgabetermin drängt und die letzten Seiten noch schnell gefüllt werden müssen. Der Schluss ist manchmal nicht nachvollziehbar, oberflächlich und alles geht einfach zu schnell. 

Das ist schade, denn ich sah Dalcher eigentlich schon als legitime Nachfolgerin von Margaret Atwood und ihrem "Report der Magd". Der Ansatz ist ähnlich, auch wenn Dalcher nicht die Klasse von Atwood erreicht.

Trotzdem habe ich das Buch mit der obigen Einschränkung gern und sehr schnell gelesen, denn ich wollte unbedingt wissen, wie es ausgeht.