Rezension

Starker Thriller aus Dänemark

Erbarmen
von Jussi Adler-Olsen

Handlung (Hörbuchfassung)  - Carl Mørck und seine Kollegen Anger und Hardy dringen in ein heruntergekommenes kleines Haus ein, nachdem eine Observation zu einer kritischen Situation in diesen vier Wänden führte. Das Leben eines Bewohners war akut gefährdet und Mørck beschließt, nicht auf die zusätzlichen Einsatzkräfte zu warten und dringt mit seinen Kollegen in das Haus ein. Anger wird erschossen, Hardy schwerst verwundet, und Mørck wird wie Hardy überleben, trägt jedoch auch schlimme Blessuren von sich.Sein Freund und Kollege Hardy bleibt gelähmt, während Carl Mørck ein gutes Jahr später seine Arbeit wieder antreten will. Die Folgen der Verletzung prägen ihn nach wie vor, aber auch eine Vielzahl von Kollegen meiden ihn, da sie der Auffassung sind, daß er das Schicksal der beiden Kollegen durch seine Ungeduld verschuldet hat. Ein Team möchte keiner mehr mit ihm bilden.

Sein Chef, der ihn einerseits schätzt und anderseits die Situation „kontrollieren“ muss, gibt Carl Mørck einen neuen Job, der mehr als trocken wirkt: alte und zugleich ungelöste Fälle sollen in einem stickigen Archiv gesichtet und abgelegt werden. Der frustrierte Carl Mørck ist wütend und enttäuscht, fügt sich aber ihn sein berufliches Schicksal.

Ihn erwartet auch ein Assistent namens Hafez El-Assad. Laute Radiomusik im Stil eines türkischen oder marrokanischen Basars begeistern Carl Mørck ebenso wenig wie der von Hafez El-Assad aufgebrühte Kaffee.

Trotz des muffigen Verhaltens von Mørck, bleibt sein Assistent stets liebenswürdig und geduldig, zumal seine jetzige Aufgabe ihm gefällt. Was Mørck als Abstieg empfindet, ist für seinen Assistenten genau gegenteilig gewesen.
Aus seiner Frustration wird Carl jäh entrissen, als er auf einen mehrere Jahre alten Fall stößt, den damals ein Kollege übernommen hatte, diesen aber nach geraumer Zeit als Selbstmord einer Frau ablegte. Bereits damals fand Carl Mørck die Selbstmordtheorie an den Haaren herbeigezogen, da jene Merete Lyngaard von einer Autofähre verschwand und angenommen wurde, sie hätte sich ins Meer gestürzt.

Carl Mørck fand diese Auslegung von Anfang an unsinnig, da Zeugenbefragungen keine Auffälligkeiten ergaben und Mørck ganz klar feststellte: die vermißtbe Frau hätte kaum ihren geistig zurückgebliebenen Bruder mit auf die Fähre genommen, um dann ins Meer zu springen.

Carl Mørck rollt den Fall wieder auf, immer in der Interpretation, dass die Fälle nicht abzulegen, sondern zu „prüfen“ sind. Mit seinem Assistenten geht er auf eine neue Suche nach Fährten, Spuren und Indizien.

Parallel zu diesem Szenario erlebt der Zuschauer bereits frühzeitig, dass Carl Mørck auf der richtigen Spur ist, denn die Vermißte Merete Lyngaard ist in einer Unterdruckkammer eingesperrt, die sie einige Jahre nicht verlassen wird. Schlimmer noch, der Täter ist mit ihr in Kontakt und verändert in regelmäßigen Abständen den Druck in der Kammer, um die Gefangene zu zermürben. Tägliches Essen, ein Eimer für ihre Notdurft und später sogar eine plumpe Zange erhält sie durch eine Klappe. Wenn die Eingesperrte sich nicht wie ihr Entführer verhält, quält er sie mit besagter Druckveränderung in ihrem hochtechnischen Verlies.

Carl Mørck und sein Assistent suchen währenddessen wiederholt den apathischen Bruder der Vermißten auf. Als Hafez El-Assad dem jungen Mann mit viel Geduld und Freundlichkeit eine Vielzahl alter Fotos aus der Ermittlungsakte zeigt, erschrickt er und schlägt die Fotos von sich. Mørck und seinem Assistenten ist jetzt klar, dass der Schlüssel zum Verschwinden eine der Personen auf den Fotos sein muss.

Die Klinik, die den Bruder der Vermissten pflegt, informiert aufgrund des Vorfalls die Leitung der Kripo, die so erstmals davon erfährt, dass Mørck nicht nur Fälle ablegt, sondern zudem neu verfolgt. Der aufgebrachte Vorgesetzte enthebt die beiden Polizisten ihres Amtes.

Dennoch macht Mørck auf eigene Faust weiter und sein nun zum Freund gewordener Assistent schließt sich an. Eine nahezu unglaubliche Geschichte wird von den beiden wie kleine Puzzleteile zum Großen und Ganzen. Allerdings ist die Lebenszeit, die der unbekannte Entführer der gefangenen Merete Lyngaard über Jahre noch gelassen hat, bald abgelaufen. Dann, wenn er den Druck in der Kammer so verändert, dass sie qualvoll stirbt.

Das vollkommen absurde Motiv wird bald bekannt...

Eindrücke - Der Erstling aus der Serie um Ermittler Karl Mørck ist zugleich Auftakt einer brillanten Krimiserie, die mittlerweile bereits sechs Fälle aufgeklärt hat. Die Serie soll laut Infos im Web auf zehn Romane ausgelegt sein.Die Handlung und das Verbrechen wirken unter Umständen ansatzweise unrealistisch, aber ist es das wirklich ? Es konnte sich bis zum 9.11.2001 auch niemand vorstellen, dass Terroristen zwei Passagierflugzeuge in die Twin Towers in New York steuern. Die "Falle", in der das Opfer sitzt, ist also gar nicht so extrem abwegig, aber schon enorm erschreckend. Das Motiv ist indes für das Genre "brillant krank" oder besser gesagt, extrem psychopathisch.

Gelesen von dem deutschen Schauspieler Wolfram Koch, geboren 1962 in Paris, ist das Hörbuch aufgrund seiner angenehmen Akzentuierung und seiner brillanten Stimme, nochmals aufgewertet. Koch gab sein Filmdebüt schon jung mit 13 Jahren, als er In der Verfilmung von Heinrich Bölls "Ansichten eines Clowns" im Jahr 1975 den eigentlichen Protagonisten in dessen Jahren als Teenager verkörperte. Später verlegte sich sein Wirken auf die Bühnen vieler Theater, aber er wurde auch immer mehr zum geschätzten Vorleser bei Hörbuchproduktionen. Ebenso gelungen sind die Passagen, die Ulrike Hübschmann spricht, wenn sie die Situation der Metere in ihrem "Verlies" umschreibt. Hübschmann, geboren 1963 in Potsdam, ist eine deutsche Schauspielerin, Hörspiel-, Hörbuch- und Synchronsprecherin. Als Schauspielerin ist sie regelmäßig in deutschen Serien (u. a. Polizeiruf 110, Tatort, SOKO Kitzbühel, SOKO Wismar) präsent.

Die Kombination aus einer spannender Story, die zunächst haufenweise Fragen aufwirft und sich in Sackgassen verstrickt, und aus einem brillantem Vorleser lassen "Erbarmen" zum kurzweiligen Hörgenuss werden. Ich habe das Hörbuch bereits ein zweites Mal genossen, weil ich es einfach spannend finde. Für Lese- oder Hörbuchmuffel sei aber gesagt, dass es auch den gleichnamigen Kinofilm gibt, der nicht minder gelungen ist. Der gelungene Thriller "Erbarmen verdient ein klares sehr gut.

Kommentare

Knubs kommentierte am 14. Juli 2016 um 20:40

Habe die komplette Reihe gelesen