Rezension

Starker Tobak!

Todesfrist - Andreas Gruber

Todesfrist
von Andreas Gruber

Bewertet mit 5 Sternen

Wie verrückt muss es sein, wenn ein Mörder seine grausamen Taten aus einem Kinderbuch zur Inspiration nimmt? Ist es nicht schon grausam genug, dass er überhaupt mordet? In seinem Roman erzählt der Autor Andreas Gruber von einem Mörder, den das Kinderbuch “Struwwelpeter” inspiriert. Was man hieraus alles anstellen kann, sieht man in diesem Thriller…

“Wenn Sie innerhalb von 48 Stunden herausfinden, warum ich diese Frau entführt habe, bleibt sie am Leben. Falls nicht – stirbt sie.”

So fängt ein Telefonat des Mörders an. Er ruft jeweils eine Person an, die mit der entführten Frau verknüpft ist und fordert diese auf innerhalb 48 Std. rauszufinden, warum er sie entführt hat. Wird die Person die Polizei einschalten, stirbt die Frau sofort. Er ertränkt seine Opfer in Tinte, verbrennt sie oder betoniert sie bei lebendigem Leibe ein. In München, Leipzig und Köln werden drei grausam zugerichtete Leichen im Dom der Städte gefunden. Sabine Nemez, die Tochter eines Opfers und Polizistin, hat die schreckliche Vermutung, dass die Geschichten aus dem Struwwelpeter dem Täter zur Inspiration dienen. Aber wer ist der Mörder und was ist sein Motiv?

Bereits zu Anfang erklärt der Autor selbst, dass ein Autor mehr oder weniger verrückt sein muss, um solche Geschichten zu erfinden – hat er recht? Eine kreative Fantasie muss man allenfalls haben und diese hat unser Autor hier mit Sicherheit.

Zuerst wird hier von Carmen erzählt, die vom Täter in einem Zementblock gehalten wird. Hier jagt der Autor dem Leser schon eine Gänsehaut über den Rücken und zieht ihn sofort mit ins Geschehen ein. Man hofft und bangt vergebens mit dem Opfer und möchte am liebsten schon gleich wissen, wer der Täter ist und was er im Schilde führt.  Der Autor hat eine klare Schreibweise, so dass man sofort die Gefühle der Charaktere selber spürt und sich deren Gedanken zu eigen macht. Durch die Seiten erfährt man von jedem Opfer, wie dieses denkt, was es getan hat oder eben auch nicht. Die ganze Zeit stellt man sich die Frage, was der Täter eigentlich mit seinen Taten bezweckt, wieso er das macht. Man bekommt gleich einen Einblick, wer es sein könnte, was das Buch aber nicht unspannender macht, als es ist. Die Frage nach dem “Wieso” stellt sich hier klar in den Vordergrund, es macht die Geschichte sehr spannend und zieht den Leser immer weiter hinein.

Im Verlaufe des Buches lernen wir die hiesigen Ermittler kennen, wären da Sabine Nemez, eine Polizistin aus München. Deren Mutter wurde ein Opfer des Täters – obwohl sie vom Fall abgezogen wird, zieht sie der leitende Ermittler vom BKA Marteen S. Sneijder mit in diese hinein als seine Assisstentin. Dieser ist eine ungemütliche, arrogante Person, was sich im Laufe aber etwas zügelt. Man versteht seine Beweggründe teilweise und wieso er so ist, wie er ist. Auch wenn er unsympathisch scheint anfangs, er macht das wieder wett durch seine geistreichen Taten und Gedanken. Sabine verzwickt sich immer mehr in Situationen, wofür sie eigentlich die sofortige Kündigung bekommen sollte, aber Sneijder hilft ihr dann doch immer wieder – obwohl arroganter Schnösel. Dies tut sie allerdings nur, da ihr Vater als Verdächtiger gilt, was ja nicht sein kann. Dann gibt es da noch Helen, die mit dem Staatsanwalt Berger verheiratet ist und früher als Kripopsychologin gearbeitet hat. Durch einen Fall wurde ihr aber die ganze Schuld zugeschoben und auch die damalige Beziehung zu dem Polizist Ben Kohler ging in die Brüche. Zwischendurch erfährt man immer wieder von einer Psychotherapeutin, die einen schwierigen Fall von Stalking usw. behandeln muss. Sie muss einen gestörten Mann heilen – den Fall hat sie von der Staatsanwältin zugesteckt bekommen.

Die ganzen Personen und die losen Fäden werden im Buch über zu einem Ganzen – man sieht die versteckten Hintergründe, sie alle haben im Laufe der Geschichte miteinander zu tun. Jeder ist einem auf seine Art sympathisch oder unsympathisch, man ändert zwischenzeitlich sogar seine Meinung über manche. Der Autor erzählt rasant die traurige Geschichte, in der die Personen miteinander verwoben sind und sorgt auch immer wieder für überraschende Wendungen, was den Leser die Augenbrauen hochziehen lässt, dass dieser nur umso schneller lesen muss. Man selbst stellt sich vor, wie man sich in so einer Situation verhalten würde, ob diese Verhaltensweise vergleichbar wäre mit der des Opfers. Würden wir alles dafür geben, um frei zu kommen oder würde man gar am Ende lieber sterben als verstümmelt wieder das Tageslicht zu erblicken?

Ein Buch, dass man gelesen haben muss – es hat nur Höhen, keine Tiefen! Der Autor hat die Story gut durchdacht auf Papier gebracht und so einen spannenden Sog für Krimi-/Thrillerfans geschaffen – aber Vorsicht: Nichts für schwache Nerven!