Rezension

Stimmiger, leichter Lesespaß

Traumprinz
von David Safier

Bewertet mit 4 Sternen

Lesespaß mit Humor für Zwischendurch

"Traumprinz" von David Safier besticht in meinen Augen mit vielen positiven Aspekten, muss allerdings auch deutliche Schwächen einbüßen.

Zum Inhalt:
Die Liebeskranke Berlinerin Nellie jobt in einem Comicladen, zeichnet selber gerne und leidet einmal mehr an Liebeskummer, als ihr eine Zeichenkladde in die Hände fällt, die sie geradezu magisch anzuziehen scheint.
Ohne sich großartig beherrschen zu können, nimmt sie mit und zeichnet den für sich perfekten Mann auf eine der Seiten. Ein Traumprinz mit Mut und Muskeln soll es sein.
Kurz darauf steht eben jener vor ihr, einfach so dem Papier entkommen und für Nellie beginnt endlich ein Abenteuer im Leben, dem sie sich nicht entziehen kann.

Wie gesagt sticht für mich das Buch mit mehr guten als schlechten Punkten hervor, darum möchte ich zuerst auf die Schwächen dieses Buches eingehen. Dennoch bitte ich darum, wenn euch einer der negativen Punkte nicht direkt zu sehr abschrecken sollte, die Review bis zum Schluss durchzulesen.

Dieses Buch ist nichts für die Leser, die immer nur einen seriösen Schreibstil und eine vollkommen ausgearbeitete Story haben wollen.
Die Szenen hätten zum Teil mehr ausgearbeitet werden können. So wirkt es eher, als würde die Handlung nur so dahin fliegen, während sich alles um Nellies sehr wiederholende Gedanken dreht. Nicht zuletzt dadurch, dass das "Adlerprinzip" von Tolkien angewandt wird und gerade im richtigen Moment die eine Sache zur Konfliktbewältigung auftaucht oder einem Charakter einfällt.
Zwar liebe ich die Portagonisten und zum Teil auch die Nebencharakter, allerdings leidet ihre Charakterentwicklung auch ein wenig unter dem schnellen Plott. So wirkt es ziemlich unecht, wie schnell sich manche der Figuren an die Magie des Buches gewöhnen oder sich in einer brenzligen Situation weiter entwickeln. Es geht quasi von jetzt auf gleich ohne Zwischenschritt.
Das schlägt sich auch teils bei der manchmal doch ziemlich merkwürdigen Logik der Charaktere nieder. Mir ist durch Jahre des selber Schreibens bewusst, dass Figuren niemals perfekt sein dürfen. Im Gegenteil, sie sollten auch unlogisch handeln. Fehler machen. Merkwürdige Ansichten haben. Und oftmals ist das dem Autor auch gut gelungen. Allerdings handeln die Figuren des Öfteren sehr unlogisch. So wird an einer Stelle, in der den Protagonisten die Zeit unter den Nägeln wegbrennt, erstmal Minuten über eine völlig unwichtige Sache sinniert.
Einen weiteren Logikfehler findet man direkt am Ende, was die Kladde betrifft, aber dafür muss man es selber lesen, ich möchte hier nicht spoilern.
Ein weiterer großer Kritikpunkt ist der Humor. Eigentlich liebe ich ihn und er wird auch bei den positiven Aspekten zu finden sein. Leider muss ich aber anmerken, dass er manchmal zu erzwungen und damit zu zufällig (oder wie Gamer sagen würden "zu random") wirkt. Ich werfe hier nur das Stichwort Baguett ein.

Das sind die Dinge, die ich an diesem Buch zu beklagen habe. Dem gegenüber stehen aber Tatsachen, die der Autor meiner Meinung nach wirklich gut gemacht hat und die für mich viel schwerer wiegen, sodass ich das Buch dennoch empfehlen kann und es mir trotzdem Freude bereitet hat.

Zunächst möchte ich gerne anführen, wie sehr ich die Charaktere zum Teil liebe. Ja, ihre Charakterentwicklung ist durch den schnellen Plott ein wenig klischeehaft und unausgewogen geraten.
Doch was ich schon an meinem anderen Buch von David Safier mochte (Plötzlich Shakespear) ist die Durchschnittlichkeit der weiblichen Prota. Der Prinz -Retro -hat ganz klar vor allem äußerlich natürlich eher Vorteile. Aber das ist hiermit zu verzeihen, dass er eine geistige Erfindung von Nellie ist die sich ihren Traumprinzen zeichnen wollte. Stattdessen wird seine Perfektion sogar noch auf humoröse Art überspitzt (wie so vieles im Buch). Nellie dagegen ist keine 90-60-90 Frau mit Engelsgesicht, die alles direkt auf die Reihe bekommt und von jedem Mann angeschmachtet werden muss. Ich liebe unter anderem Young Adult (wie man sicherlich in meinen Bücherregalen feststellen kann), aber ich mag es nicht, wie makellos die Protas in diesen Büchern dargestellt werden und gebe ihnen gedanklich immer irgendwelche Fehler.
Aber nicht nur die Hauptfiguren sind mir damit positiv aufgefallen. Ich mochte nicht alle Nebencharakter, aber z.B. Lenny ist mir eher ans Herz gewachsen. Meiner Meinung nach merkt man dem Autor an, dass er sich über solche Dinge Gedanken macht und nicht einfach zwei makellose Figuren dahin setzen will, mit denen man sich nicht identifizieren kann -oder es fällt einem schwerer.
Hinzu kommt die schöne Mischung aus flachen, leicht sarkastischen Humor, der sehr gut zu dem eher flapisgen Schreibstil passt. Wie bereits oben erwähnt ist dieses Buch nichts für Leser, die zu viel wert darauf legen und sich bei einem entspannten Schreibstil eher verkrampfen, als es einfach einmal hinzunehmen und darüber zu schmunzeln. Das Buch bringt einem mehr als einmal zum Glucksen -wenn man auf so einen Humor steht -und ist mit seiner Schreibart wirklich ausgezeichnet dazu geeignet in stressigen Zeiten in aller Ruhe ein paar Seiten lesen zu können (bei mir waren es vor allem zwei große Batzen, weil ich es nicht weglegen konnte).
Bereichert wird es außerdem durch wirklich schöne Zeichnungen. Der einzige Nachteil hier: Meiner Meinung nach sind sie -zwar selten aber hin und wieder da -etwas ungünstig platziert und spoilern so ein wenig, bevor man die Seite auch nur angefangen hat.
Und am wichtigsten für mich: Die Moralvorstellung. Es ist nicht belehrend -genauso wenig wie Plötzlich Shakespear -setzt sich aber indirekt mit dem Thema auseinander, ohne einen auf eine Meinung hin zu drängen. Wann ist Mut eigentlich Mut? Welche Macht darf ein Mensch haben? Und welche Heldenvorbilder sind eigentlich die Richtigen? Wer sich bisher nicht hat abschrecken lassen von meinem Text und eine Antwort auf diese Frage haben will, der kann zumindest ein paar Anstöße in diesem Buch dafür finden.

Fazit: Klischees, flacher Humor, flapsiger Schreibstil für Zwischendurch und keine perfekten Protas. Meiner Meinung nach eine gute -LEICHTE -Lektüre für Zwischendurch. Es ist kein anspruchsvoller Roman, aber muss es das auch jedes Mal sein? Wer einen Nachmittag Zeit hat und ein wenig entspannt lachen will, der kann gerne zu diesem Buch greifen.
Und wer noch immer unsicher ist, der kann mir gerne eine private Mail schreiben (Kommentare hier bemerke ich meistens nicht) und mich fragen. Ich wollte nur auch auf Spoiler verzichten :)