Rezension

Stimmt nachdenklich

Gespalten - Nils Tauber

Gespalten
von Nils Tauber

Klappentext:

Wenn ich wüsste, was ich nur tun muss, damit sich ein Mädel wie du in mich verliebt, dann würde ich es tun. 

Diese verzweifelten Worte richtet Nils Tauber an Marie, die er von Kindesbeinen an liebt. Sie entscheidet sich gegen ihn, wie so viele in seinem jahrelangen Kampf um Liebe und Anerkennung. 1982 kommt Nils mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte zur Welt. Mit einem halben Jahr hat er zwei Operationen hinter sich. Die Spalte ist geschlossen, sein Leidensweg beginnt.

Tägliche Hänseleien in Schule und Umfeld prägen seinen Charakter. Minderwertigkeitsgefühle, Einsamkeit, Schmerz und Ängste führen ihn zu Alkohol und Drogen. Im Extremsport sucht er Bestätigung. Letztlich scheitert er in Schule und Studium. Die weitverbreitete Gesellschaftsdroge Alkohol wird zum Teufelskreis. Dann begegnet ihm Yaelle.
 

Meine Meinung:

"Gespalten" von Nils Tauber erzählt die Lebensgeschichte des mit der Fehlbildung Lippen-Kiefer-Gaumenspalte (LKG-Spalte) geborenen Nils. Es ist eine Biografie, die anregt, über Einschränkungen nachzudenken und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Die LKG-Spalte hat ihre Ursache in der Embryonalentwicklung, bei der sich Teile der Mundpartie nicht normal entwickeln konnten. Nils muss sich schon von Kindesbeinen an vielen Operationen unterziehen. 
Doch das Problem, das damit einhergeht, zeigt sich nicht zuletzt in zwischenmenschlichen Beziehungen. Als Kind wird er aufgezogen und schikaniert, was ihm seine Schulzeit wirklich schwer macht. Mit seinen Freunden trinkt er sich schon mit 14 Jahren oft in einen Rausch - zu oft. Auch das Studium will nicht so recht klappen und die Liebe macht es ihm da auch nicht einfacher.
Zuerst muss ich sagen, dass dies die erste Biografie war, die ich je gelesen habe. Aber ich habe es nicht bereut. Man kriegt einen guten Einblick in Nils' Gefühlswelt und kann, wenn auch nur ansatzweise, nachvollziehen, wie es sich anfühlen muss, auf seine Art zu leben. Das hat mir besonders gut gefallen. Vorher habe ich mir ehrlich gesagt nie wirklich Gedanken darüber gemacht, wie Menschen so auf Einschränkungen reagieren. Vielleicht bin ich da auch einfach nur zu jung. Andererseits kam ich schon früh in Kontakt mit behinderten Menschen und für mich ist es normal und eine Selbstverständlichkeit, Fehlbildungen zu akzeptieren. Die Frage, ob man so etwas auch nicht tolerieren kann, hat sich mir nie gestellt.
Schade fand ich, dass man über ein paar Personen kaum etwas erfahren hat. Dadurch hatte ich nicht wirklich einen Bezug zu ihnen und mehr das Gefühl, dass sie einfach aus dem Nichts in Nils' Leben aufgetaucht sind.
Nils Taubers Schreibstil ist angenehm zu lesen und je älter Nils in der Biografie wird, desto flüssiger wurde auch der Schreibstil - so kam es mir jedenfalls vor. Es hat mir daher wirklich Spaß gemacht, die Biografie zu lesen, auch wenn der Inhalt eher schwerer zu verdauen ist.
Das Cover ist schlicht, jedoch völlig angemessen.
 

Fazit:

Ich würde das Buch gerne jedem empfehlen. Tauber möchte aufrütteln und zeigen, dass Toleranz ein bedeutsames Gut ist, dass jede Schikane, jeder blöde, unbedachte Kommentar Spuren bei dem Menschen hinterlässt, der sie abbekommt. Spuren, die unwiderruflich sind. Meiner Meinung nach hat er alles gut umgesetzt. Von mir gibt es:
✭✭✭✭✭ 5 von 5 Sternchen!
 

Mein Dank geht an:

... Nils Tauber, der mir dieses Buch freundlicherweise als Leseexemplar zur Verfügung gestellt hat!