Rezension

Stirb langsam, Riley.

Hotel Cartagena - Simone Buchholz

Hotel Cartagena
von Simone Buchholz

Bewertet mit 5 Sternen

Dunkle Geheimnisse auf St. Pauli. Für Hamburgfans neues von der unkonventionellen Staatsanwältin auf St. Pauli. Cool bis zum Anschlag und mit ganz viel Herz, so sind die Menschen auf St. Pauli – und so ist auch Staatsanwältin Chastity Riley, die gnadenlos romantisch wird, wenn es um ihren Kiez geht. Chas, in St.Pauli, Hamburg unterwegs im Namen der Staatsanwaltschaft und mit offensichtlich bewegter Vergangenheit, ist so eine Art kettenrauchender, trinkfester Desperadotyp, den ich persönlich sehr sympathisch finde. Lakonisch, manchmal schwarzhumorig kommentiert sie Gott und die Welt und die Großstadt Hamburg vom Kiez bis in die Nobel-Vororte läuft wie in Filmsequenzen vor einem ab. Nordisch herb. 
Eine unterkühlte Hotelbar am Hamburger Hafen. Unten an den Docks glitzern die Lichter, oben sind die Tische eher dünn besetzt, Sankt Pauli leuchtet warm …. Plötzlich gehen die Türen auf, zwölf schwerbewaffnete Männer kapern die Bar, nehmen Gäste und Personal in Geiselhaft. Die Polizei steht draußen und scheint zum Zuschauen verdammt, während Staatsanwältin Chastity Riley ihren inneren John McClane aktivieren muss. Chas, die sich eigentlich auf ein schmerzhaftes Wiedersehen mit alten Freunden eingestellt hatte, jetzt aber gemeinsam mit allen anderen Geiseln lernen muss, dass es Verletzungen gibt, die sich einfach nicht mehr reparieren lassen … Der Hamburger Kiez in den 80ern, ein junger Mann will raus. Er nimmt ein Schiff nach Kolumbien und lernt am Strand von Cartagena, was passiert, wenn man mit den falschen Leuten feiert. Auf die große Party folgt die Hölle. Erst das ganz große Drogengeschäft, dann Verrat, Flucht, Untertauchen. Später dann: Die Chance auf Vergeltung. Der inzwischen gar nicht mehr so junge Mann beschließt, sie zu ergreifen. Und so wird St. Pauli von einer spektakulären Geiselnahme erschüttert. "Hotel Cartagena" von Simone Buchholz ist eine erneute Liebeserklärung von der Autorin an den Hamburger Kiez rund um St. Pauli, mit all seinen Licht- und Schattenseiten. Wie sie hartgesottene Dialoge arrangiert, als wären sie ein lässiges Tischtennismatch, das ist hohe Schreibkunst. Ein brutaler Frauenmord und ein romantischer Blick auf den Kiez machen diese Geschichte aus. Die ermittelnde Staatsanwältin Chas ist eine besondere Figur. Schnoddrig, cool mit Melancholie und Philosophie bei einem Schluck Astra und einem Herz für Ganoven ermittelt sie im Hamburger Kiez. Große Klasse! Ein cooler, atmosphärisch dichter St. Pauli Kiez-Krimi und ein richtig Guter, mit einer eher ungebügelten Staatsanwältin in ungewöhnlicher Erzählweise nicht nur für Hamburgfans. Sprachlich an das Milieu angepasst, absolut ehrlich und geradeaus! Spannender Handlungsstrang... schnell, pointenreich, sehr, sehr gut geschrieben. Ein toller spannender Mitratekrimi! Für Chastity Riley Fans ein Muss, für Neueinsteiger genauso gut geeignet! Eine Empfehlung für Freunde des klassischen Regionalkrimis.