Rezension

Strotzt vor Logiklöchern

Metro 2033
von Dmitry Glukhovsky

Bewertet mit 2 Sternen

~~Inhalt:

Nach einem alles vernichtenden Atomkrieg vor 25 Jahren ist das Leben auf der Erde unmöglich geworden. Einige tausend Menschen haben sich jedoch in die Moskauer Metro retten können und fristen dort ein eher schlechtes als rechtes Dasein. Der junge Artjom lebt an einer entlegenen Station, die neuerdings von den unheimlichen "Schwarzen" bedroht wird. Als ein Fremder in der Station auftaucht, bittet er Artjom, an seiner statt eine Botschaft an Verbündete tief in der Metro zu überbringen, denn die Bedrohung durch die "Schwarzen" ist größer als befürchtet. Artjom macht sich also auf in die dunklen Tiefen der Moskauer Metro ...

Meinung:

Das Setting ist großartig! Die Moskauer Metro als einziger Überlebenshort für den Rest der Menschheit, düstere Tunnel, eine beengte Atmosphäre, Überlebenskampf - das alles klang so vielversprechend im Klappentext! Doch der Autor schafft daraus keinen stringenten Endzeitroman, sondern schwurbelt einen Mix aus Action-, Mystery-, Monster- und Philosophieroman zusammen, der dann auch noch so vor Logiklöchern strotzt, dass man nur den Kopf schütteln möchte.

Es fängt damit an, dass die Oberfläche komplett verseucht ist - ist ja auch logisch nach einem Atomkrieg. Doch es gibt sog. Stalker, die immer wieder nach oben klettern und brauchbare Gegenstände mitbringen. Dabei ist das Zeug doch auch komplett kontaminiert - doch wie oder ob etwas dekontaminiert wird, ist dem Autor leider keine Erwähnung wert. Überhaupt kümmert ihn das Drumherum wenig: Woher kommt das Wasser für tausende Menschen? Was passiert, wenn wichtige Gerätschaften kaputt gehen, wie z.B. Wasserfilter, Stromgeneratoren? Wohin gelangen all die Exkremente der Menschen und der Schweine, die dort gehalten werden (an manchen Stationen gibt es ganze Tierfarmen!!)? Und vor allem: Wie überleben Menschen ohne Sonnenlicht? All diese Fragen werden nicht geklärt, ja, sie kommen im Roman noch nicht einmal auf. Hier hat der Autor m.E. seinen Weltentwurf nicht richtig durchdacht, was für mich aber ein entscheidender Faktor für die Glaubwürdigkeit ist.

Leider ist der Roman auch nicht stringent entwickelt. Es gibt mehrere Actionszenen, die mir auch durchaus gefallen haben. Auch die Tunnelatmosphäre hat der Autor bisweilen sehr gut eingenfagen, diese dauerhafte Dunkelheit und Beklemmung. Doch immer wieder streut er mysteriöse Vorkommnisse ein, die völlig absurd und auch nicht mit den Folgen der atomaren Verseuchung erklärt werden können. Da gibt es ein Summen in machen Tunneln, das die Menschen verrückt macht oder tötet. Artjom hat Träume und Visionen, in denen er Botschaften empfängt und Warnungen erhält. Manchmal wird er von einem materielosen Schatten verfolgt. Das alles hat aber keinen inneren oder logischen Zusammenhang.

Überhaupt ist der Protagonist Artjom keine Figur, die dem Leser ans Herz wächst. Er ist 19, wirkt aber wie 15, wie ein Jugendlicher, der kaum selbst Entscheidungen trifft, sondern immer auf die Hilfe anderer angewiesen ist, die ihm auch regelmäßig die Haut retten. Artjom nimmt auch keinen Schaden, ihm passiert selbst in brenzligsten Situationen nichts. "Plot Armour" heißt das, wie ich erfahren habe, d.h., die Handlung biegt sich um den Helden herum, so dass er seine Mission erfüllen kann. Mich hat diese Unverwundbarkeit ab einem gewissen Zeitpunkt einfach nur genervt. Leider entwickelt sich Artjom auch nicht wirklich weiter, er bleibt, wie er war, seit er seine Heimatstation verlassen hat.

Für mich auch nicht nachvollziehbar waren die vielen unterschiedlichen Gesellschaftsformen innerhalb der Metro, sich sich anscheinend unabhängig voneinander entwickelt haben: Da gibt es das Vierte Reich in Anlehnung an die Nazis, die Kommunisten, Föderalisten, die Zeugen Jehovas, eine weitere Sekte, die Hanse (ein Händlerring, der aber komischerweise an einem Austausch mit anderen nicht interessiert ist - wie soll das denn gehen??) und die Polis, eine Station der Intellektuellen. Eigentlich ein spannender Gedanke, doch mir fehlt da der Sinn des Gemeinschaftlichen. Wie soll Überleben in Isolation den möglich sein???

Ach ja, ein weiteres Ärgernis: die gänzliche Abwesenheit von Frauen! Der Autor hat eine reine Männerwelt geschaffen (in welcher auch alle Männer Gewehre tragen!). Witzigerweise gab es eine Gesellschaftsform, in der die Bewohner sich aussuchen konnten, was sie sein/tun wollten. Da wurden Frauen mal kurz erwähnt: Es waren Putzfrauen ...

Na ja, ich könnte noch mit einigen Punkten so weitermachen. Der traurige Höhepunkt war erreicht, als Artjom von sich selbst begriffen hat, dass er der vom Schicksal Auserwählte ist. Jo, danke schön!

Fazit:

Unausgegorener Endzeitroman mit vielen, vielen Logiklöchern, einer streckenweise recht zähen Handlung, viel zu vielen inneren Gedankengängen, die die Hauptfigur aber nicht haben reifen lassen. Potenzial verschenkt,

2 von 5 Sternen