Rezension

SUBTILE KOMIK.

Die Kieferninseln - Marion Poschmann

Die Kieferninseln
von Marion Poschmann

Bewertet mit 3 Sternen

Zeitweilig hatte ich wirklich Spaß beim Lesen, aber die Autorin tut einfach alles, um dem Leser den Spaß wieder zu nehmen - wahrscheinlich, wie Archer wohl sagen würde, damit es echte Kunst ist.

Gilbert Silvester ist auf einem Findungstrip. Impulsiv ist er nach Japan gefahren. Der einerseits ein bisschen langweilige, andererseits aber eben doch akademisch versponnene Professor, legt sich alsbald zwei Bücher japanischer, klassischer Dichter zu und nimmt sich vor, sich der uralten Sitte einer läuternden Pilgerfahrt hinzugeben. Sein Ziel sind die Matsushima-Inseln. Bald trifft er auf den suizidgefährteten Yosa Tamagotschti, um den er sich kümmert, als Weggefährten verpflichtet, ihn jedoch auf dem Weg irgendwie verliert.

Die Autorin treibt ihren Roman mit subtiler Komik voran. Mit sanfter Ironie treffen die so verschiedenen Kulturen der beiden Protagonisten aufeinander. Höhepunkt für die geneigte Leserin ist der Besuch einer Tanztheatervorstellung. Verzweifelt versucht der von der dekadenten, actionreichen Handlung eines Theaterstücks im Westen verwöhnte Professor aus den sparsamen Handbewegungen des Vortragenden Kunst auszuwringen. Das ist zum Brüllen komisch!

Die Gegensätze zwischen den Kulturen sind eigentlich unüberwindbar. Doch der Professor versucht alles. Selbst als sich herausstellt, dass die im Kultbuch gerühmten Stätten inzwischen nur noch als kümmerliche Reste vorhanden sind, gibt er nicht auf. So sind Abendländer nicht. Sie geben ein angestrebtes Projekt nicht auf. Anders als sein Weggefährte. Lascher Typ, findet Gilbert. Er erreicht die Inseln der Kiefern und findet sie toll. Basta! Das nimmt er sich eben vor. Hat Yosa sein trauriges Projekt zu Ende geführt? Es wird angedeutet, aber sicher kann sich Gilbert nicht sein.

Es ist die feine Ironie, die in den Betrachtungen und Bewertungen Gilberts zum Ausdruck kommt, was diesen Roman auszeichnet. Ob sich die Autorin über die japanische Kultur mokiert oder über den Professor, der nicht anders kann, als in Effektivitäten zu denken, bleibt unbeantwortbar. Dass das Ende so unspektakulär ist, dass es eigentlich gar kein Ende ist, schlägt negativ zu Buche.

FAZIT: Subtile Komik beim Aufeinandertreffen von Ost und West durch zwei sympathische und kauzige Protagonisten. Doch durch das literarische Erlöschen des einen Protagonisten, als die Lektüre  nach allerhand vorhergehendem Leerlauf gerade anfangen könnte, Spaß zu machen, nimmt die Autorin dem Buch das Leben. Danach ist es nicht mehr, was es hätte sein können!

Kategorie: Anspruchsvolle Literatur
Verlag, Suhrkamp, 2017
Shortlist des Deutschen Buchpreises 2017. (Stand: 7.10.2017).

Kommentare

AnneMF kommentierte am 11. Oktober 2017 um 13:33

Also das nenne ich ohne schleimen eine sehr lesenswerte Rezension...