Rezension

Suche nach dem Seelenpartner

Die Muschelsammlerin. Deine Bestimmung wartet - Charlotte Richter

Die Muschelsammlerin. Deine Bestimmung wartet
von Charlotte Richter

Mir fiel "Die Muschelsammlerin" vor allem wegen des schönen Covers ins Auge. Zwar bin ich eigentlich kein Fan von großen Gesichtern auf Covern, aber die Muscheln und das wallende Haar erinnern an eine Meerjungfrau. Allerdings ist der Inhalt doch ganz anders und das Cover passt mehr zum Titel.

Mariel als Protagonistin wird zu Beginn als eher wenig selbstbewusst und voller Zweifel an sich selbst dargestellt. Zwar hebt sie sich durch ihre Zeichenkünste von anderen Bewohnern Amlons ab, muss aber geheim halten, dass sie gerne düstere Bilder zeichnet, um nicht negativ aufzufallen. Immer wieder fragt sie sich, was mit ihr nicht stimmt. Negative Erlebnisse verarbeitet sie auch gerne mit Süßigkeiten, was ihr von Seiten ihrer Familie immer wieder abwertende Kommentare einbringt. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Mariel so zurückhaltend ist und wenig von sich selbst hält. Im Laufe der Handlung wächst sie aber über sich hinaus und wird mutiger, selbstbewusster.

Doch Amlon ist ohnehin eine Welt mit merkwürdigen Verhältnissen. Das gesamte Leben der Jugendlichen dreht sich darum, sich auf die Begegnung mit ihrem Seelenpartner vorzubereiten, der einfach perfekt für sie ist. Dazu sollen sie auf sogenannten Purpurfesten sexuelle Erfahrungen sammeln. Etwas, womit Mariel, die von der Liebe träumt, nicht viel anfangen kann. Wie der Klappentext schon verrät, kommt es vor, dass jemand keinen Seelenpartner erhält. Diese Personen sind dann Sonderbare und werden verstoßen, müssen fortan auf der abgelegenen Insel Xeras leben und die unliebsamen Arbeiten für die "besseren Menschen" in Amlon erledigen. Doch es gibt eine Möglichkeit, sich wieder "reinzuwaschen": Nach Nurnen reisen und den eigenen Seelenpartner selbst herbeiholen. Doch das ist bisher in all den Jahrhunderten nur fünf Personen gelungen...

Die Handlung gefiel mir durchgehend gut. Amlon ist eine ungerechte Welt und es war abzusehen, dass Mariel und ihre Freunde eine besondere Bedeutung innerhalb dieser Welt einnehmen würden. Auch taten sich viele Fragen auf, was das Buch spannend bleiben ließ und die teilweise im Laufe der Handlung beantwortet wurden. Leider blieben aber auch ein paar Fragezeichen zurück, z.B. warum sich keiner, auch nicht die Seelenpartner, an die Welt Nurnen erinnern können. Nurnen selbst war anders als erwartet, was viele Leser gestört hat. Mir gefiel Nurnen aber total gut - das ist einfach Geschmackssache. Ich liebe aber auch Geschichten mit traumartigen Inhalten. Die Ereignisse in Nurnen fand ich spannend und sie zielten vor allem die Charakterentwicklung von Mariel, Tammo, Tora, Sander und Perselos ab, die gemeinsam nach ihren Seelenpartnern suchen. Allerdings verlief doch alles relativ unspektakulär, da hätte ich mehr böse Überraschungen gut gefunden. Auch die aufkeimende Liebesgeschichte hat mich emotional nicht ganz abgeholt, auch wenn sie eine tolle Botschaft vermittelt.

Das Ende kam dann plötzlich auch sehr schnell und wurde ein Stück weit offen gehalten, was einen zweiten Band vermuten lässt. "Die Muschelsammlerin" kann aber auch als abgeschlossener Einzelband gelesen werden. Jedenfalls fehlte mir am Ende noch mal ein richtiges Highlight bzw. was denn nun aus Amlon wird.
Insgesamt habe ich den Roman aber sehr gerne gelesen und mochte die ungewöhnliche Gesellschaftsstruktur, die zum Nachdenken anregt, die unterschiedlichen Charaktere und den flüssigen, bildhaften Schreibstil der Autorin.