Rezension

Südafrika zum Miterleben

Summ, wenn du das Lied nicht kennst - Bianca Marais

Summ, wenn du das Lied nicht kennst
von Bianca Marais

Bewertet mit 4 Sternen

Dieses Buch ist eine sehr positive Überraschung. Hier geht es um viel, um das Leben in Südafrika, die Schülerrevolte 1976, um Liebe und Toleranz und vor allem geht es um zwei ungewöhnliche Schicksale.

Der 16 Juni 1976 war ein Tag, der Leben verändert hat. Als Beauty in Johannesburg ankommt landet sie mitten in Schülerprotesten, die blutig niedergeschlagen werden. Die Regierung will Afrikaans als offizielle Sprache an Schulen einführen. Damit hätten schwarze Schüler kaum noch eine Chance, dem Unterricht zu folgen. Die schwarze Bevölkerung klein zu halten ist hier Programm.
Beauty ist verzweifelt. Ihre Tochter Nomsa war an den Protesten beteiligt, taucht aber hinterher nicht mehr auf, weder tot noch lebendig.
Am selben Tag verliert Robin ihre Eltern, von denen sie alle Vorurteile gelernt hat, mit denen sich Weiße über die schwarze Bevölkerung erheben. War der Mord an ihren Eltern ein Racheakt? Sie ist erst 9 Jahre alt und bleibt allein zurück mit ihrem schwarzen Kindermädchen. 

Man ist direkt mitten drin in zwei dem Regime geschuldeten Tragödien, sieht beide Seiten dieses Konflikts, die unterschiedlicher nicht sein könnten und doch so viel gemeinsam haben. 
Beauty und Robin erzählen abwechselnd ihre Geschichte, wobei die Autorin sogar den Erzählstil anpasst. Robins Bericht ist deutlich einfacher gehalten (wenn auch nicht in der Sprache einer 9Jährigen) als Beautys Passagen, die eine der wenigen gebildeten Schwarzen ist. 

Es ist fesselnd, nachvollziehbar und sehr spannend, man ist dabei und leidet mit, beide erleben Furchtbares und kämpfen sich durch. Den geschichtlichen Rahmen erfährt man ganz nebenbei, sehr plastisch und erschütternd, wenn sich beispielsweise weiße Sanitäter weigern, Schwarze zu behandeln. So weit ist dieses Buch grandios. 
Unnötig aber tolerierbar fand ich, dass durch Robins neue Freunde noch zusätzlich das Thema Antisemitismus und Homophobie auf den Tisch kommt. Das gibt dem Ganzen eine belehrende Note, die das Buch bis dahin geschickt vermieden hat. 

Der fünfte Stern ging auf den letzten 100 Seiten verloren, als sich Robin heroisch in höchste Gefahr begibt, um im Alleingang die verfahrene Situation zu retten. Sie liest gerne „Fünf Freunde“ und eifert ihnen nach, aber was sie da veranstaltet, wäre selbst für einen Erwachsenen wagemutig. 
Da wird dann schon sehr bemüht die Unterhaltungsschiene bedient, was schade ist, ist das Buch doch vorher ganz ohne Effekthascherei ausgekommen. 

Trotzdem ist es ein anrührender, mitreißender Roman, der es schafft, unterhaltsam und fesselnd die Missstände des Apartheidsregimes aufzuzeigen. Beinahe wäre es ein großes Buch geworden.  

Kommentare

wandagreen kommentierte am 01. Mai 2018 um 17:28

Ich fange auch immer wohlwollend mit 5 Sternen an, nur bei der Kategorie bin ich mir nicht von anfang an sicher. Schade, dass so viele Themen mitverwebt werden zu müssen geglaubt wird. (Guck mal, 6 Verben hintendrangeklatscht, arme Ausländer; ich bin nicht mal selber sicher, ob es überhaupt richtig ist).

 

Sursulapitschi kommentierte am 01. Mai 2018 um 17:39

Es ist ein Debüt, da ist es erlaubt, zu viel zu wollen. :-)

wandagreen kommentierte am 01. Mai 2018 um 17:49

Auch wieder wahr!