Rezension

Süße Liebesgeschichte mit blindem Protagonisten

Die einzige Art, Spaghetti zu essen - Nicole Brausendorf

Die einzige Art, Spaghetti zu essen
von Nicole Brausendorf

Bewertet mit 4.5 Sternen

Zuerst einmal muss ich feststellen, dass der Klappentext nicht gelungen ist und auch etwas zu viel verrät.
Liv ist eine in vieler Hinsicht sehr reife 17-jährige. Da sie ohne Vater aufwuchs und ihre Mutter mit psychischen Problemen zu kämpfen hat, ist sie schon früh sehr selbstständig geworden. Zu Beginn der Geschichte zieht sie - mal wieder - mit ihrer Mutter in eine neue Gegend. Dort lernt sie ihre neue Nachbarin Nessie kennen, deren On-Off-Freund Sven und auch dessen Freund Felix.
Felix ist kein Bad Boy, sondern ein sehr netter, charmanter junger Mann, der vom ersten Moment an Liv interessiert ist. Liv findet ihn zwar sehr sympathisch, hat nach einem Konzert aber nur noch Augen für den Musiker Leo. Auch als sie erfährt, dass dieser blind ist, ändert sich nichts an ihren Gefühlen.

Die Liebesgeschichte zwischen Leo und Liv ist sehr süß erzählt. Beide mögen sich sehr, sind aber in vielen Dingen unsicher, sodass es ein bisschen Zeit und Vertrauen braucht, bis sich aus der zarten Freundschaft mehr entwickelt. Durch Leos Handicap sind viele skeptisch, ob Liv sich auf ihn einlassen sollte, und auch Liv hat Momente, in denen sie zweifelt. Vor allem, da Felix weiterhin sein Interesse bekundet und auch er Liv nicht ganz kalt lässt. Sowohl Leo als auch Felix sind sehr liebenswerte Charaktere, denen man nur das Beste wünscht. Es handelt sich hier allerdings nicht um ein klassisches Liebesdreieck, denn es ist relativ früh klar, für wen Livs Herz schlägt.
Die Probleme und Hindernisse, die durchs Leos Blindheit entstehen, sind sehr gut dargestellt. Auch Livs Zweifel und die Ängste ihrer Mutter fand ich sehr gut nachvollziehbar. Diese Geschichte beschreibt viele Situationen, die Sehende mit Leichtigkeit bewältigen, die für Blinde aber sehr schwierig zu händeln sind. Ich fand es sehr interessant zu erfahren, wie sich der Alltag von blinden Menschen gestaltet, denn mir war nicht gänzlich bewusst, wie viele Hindernisse unsere Gesellschaft für sie bereit hält.

Ich habe lediglich zwei kleine Kritikpunkte an der Geschichte.
Zum Einen gab es besonders im Mittelteil des Buches sehr viele Szenen, in denen sich Liv und Leo körperlich näher gekommen sind. Natürlich ist das körperliche Interesse aneinander zu Beginn einer Beziehung enorm - vor allem bei der ersten Liebe. Ich hätte mir aber ein paar Szenen weniger davon gewünscht und stattdessen noch ein paar mehr, in denen sie etwas miteinander unternehmen und sich besser kennen lernen.
Zum Anderen hat Liv am Ende ein paar Sachen vor Leo verheimlicht, und das hat mich sehr gestört. Ich kann ihre Angst und ihre Gründe dafür nachvollziehen, allerdings hat es für mich trotzdem nicht ganz zu ihrer ansonsten sehr ehrlichen Art gepasst.
Das ist allerdings meckern auf hohem Niveau, denn trotz dieser zwei Aspekte habe ich mich sehr gut unterhalten gefühlt, habe mit den Charakteren mitgefiebert und geschmachtet und fand es sehr interessant, mehr über Leos Welt zu erfahren,

Fazit:
Eine wirklich süße Liebesgeschichte, in der man viel über die Wahrnehmung und den Alltag von blinden Menschen erfährt. Lasst euch nicht vom Klappentext abschrecken! ;) Von mir gibt es sehr gute 4,5 Sterne.