Rezension

Surreale Fantasy

Der Krake
von China Miéville

Bewertet mit 5 Sternen

Wow, eine Story mit Elementen aus Theologie, Esoterik, Fantasy und Steampunk. Die Mischung ist garantiert nicht langweilig, allerdings stellenweise schwer verdaulich. Gewöhnungsbedürftig der phrasenweise telegrammartige Schreibstil. Aber genau das sind die exakten Pinselstriche in dem düsteren Gemälde eines vor-apokalytischen Londons, das der Autor unterlegt mit fundierten Recherchen zeichnet. Ein London, in dem sich Sektierer, Götter und Kunsterer mit Magie bekämpfen wie frühere Straßengangs. Ein London, in dem selbst die Polizei eine ganz besondere Abteilung zur Bewältigung magisch begangener Verbrechen unterhält. Mitten zwischen die Fronten der Religonen, welche die Endzeit predigen, gerät der junge Kurator Billy Harrow des National History Museums, dem ein gigantisches (augenscheinlich göttliches) Ausstellungsstück abhanden gekommen ist und der zum Flüchtling und Wissenden wird. Denn er hat den "Gott", den verschwundenen Riesenkalmar, konserviert. Billy erkennt plötzlich seine Stadt und seine Zeit kaum wieder und wird von der Spezialeinheit wie auch von den Kunsterern gejagt. Doch er hat keine Ahnung, wo der Riesenkrake steckt und wer ihn gestohlen hat. Dennoch ist er von diesen Wesen seit vielen Jahren fasziniert und hat eine besondere Beziehung zu ihnen aufgebaut. Ich will das Ende nicht vorwegnehmen, doch es ist genauso interessant, wie die Thesen, die in diesem Buch aufgestellt werden. "Der Krake" ist kein Buch, das man mal so eben weglegen kann. Dieses Werk kann man durchaus in die High Fantasy eingliedern, denn die Ausführungen, Sprachgegebenheiten und gut recherchierten Hintergründe lassen eine Variante unserer Zukunft vor dem geistigen Auge des Lesers entstehen, wie sie surrealistischer kaum sein kann. Von minimalistischen Andeutungen bis zu opulenten Studien reicht das Spektrum des fast 700-Seiten starken abenteuerlichen Werkes. China Miéville könnte zu einem meiner Lieblingsautoren werden! Volle fünf Punkte!