Rezension

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Syrien 1970. Ein Ort, an dem selbst die Toten nicht mehr sicher sind.

Die Verängstigten - Dima Wannous

Die Verängstigten
von Dima Wannous

 

Das Jahr 1970. Syrien. Revolution. Der damalige Verteidigungsminister Hafez al-Assad putscht seine eigenen Parteigenossen. In Syrien herrscht in den darauffolgenden Jahren Friedhofsstille. Der Wechsel von der arabisch-nationalistischen Partei zu Hafez al-Assad, einem Alawiten. Syrien wird in kurzer Zeit zu einem Überwachungsstaat. Die religiöse Minderheit der Alawiten werden bevorzugt und die arabischen Sunniten benachteiligt. Eine zunehmende Spaltung in der Bevölkerung wird bemerkbar. Spaltungen, die selbst Familien auseinanderbringen, ein Massaker in Hama der bisher traurige Höhepunkt.

Sulaima, eine alawitische Syrerin erzählt von der Angst, der Angst vor der Angst, Liebe während der Vorkriegszeit und vor allem von der seelischen Zerstörung, vor allem ihrer eigenen.
Ein Roman von Dima Wannous aus dem arabischen versehen von Larissa Bender.

Der Putsch, die Revolution zehrt an Sulaimas seelischer sowie geistiger Gesundheit. So besucht sie regelmäßig Kamil, einen Psychologen. In dem Wartezimmer seiner Praxis lernt sie Nassim kennen. Einen Arzt und Schriftsteller. Sie entwickeln eine Art Beziehung, welche geprägt ist von den Begriffen Zugehörigkeit, Liebe, Angst. Oft gibt es Rückblicke in die Vergangenheit, in die Kindheit Sulaimas, wie die Erinnerung an eine Offizierstochter in der Schule, welche den hohen Rang ihres Vaters ausnutze, um ihre Mitschüler zu schikanieren.

Die Konflikte in Syrien führen zu konträren Meinungen. Eine Familie, die bislang zusammenhielt, rückt immer weiter voneinander ab. Eine Verwandte, welche ihr und ihrer Mutter sogar den Tod wünscht, nur ein Beispiel für die Auswirkungen des Krieges. Sulaimas Vater stirbt, als sie noch ein Kind ist. Mit seinem Tod stirbt auch ein Teil von ihr, das Verhältnis zu ihrer Mutter leidet. Die religiösen Konflikte zwischen arabischen Sunniten und Alawiten intensivieren sich immer wieder. Menschen sind fortan schwierig zu erkennen. Es scheint es werden sie zu ,,Bestien“.

Sulaima eine Frau, die während der Revolution nach ihrem Ich sucht, etwas das halt gibt. Anfangs war es ihr Vater, dann Kamil nun Nassim. Mit Nassim trifft sie sich immer häufiger. Sie sprechen über sehr private Dinge wie Angst, Sulaima erzählt von der Entführung ihres Bruders Fuad, Nassim von dem Tod seiner gesamten Familie. Als Sulaima langsam wieder zu

ihrem Ich findet bricht der Krieg in Syrien aus. Nassim flüchtet nach Deutschland, Sulaima bleibt in Beirut. Nassim hinterlässt ihr sein Manuskript und seine Wohnungsschlüssel für seine Wohnung in Beirut.
Bei genauerer Auseinandersetzung mit seinem Manuskript wird Sulaima bewusst, dass die Geschichte von der Nassim erzählt sehr viel mit ihrer Eigenen zu tun hat. Ob es sich dabei wirklich um ihre Geschichte handelt und wer die verängstigten sind, wird die Lektüre erschließen.

die verängstigten von Dima Wannous gibt Einblick, Einblick in die Gefühls- und Gedankenwelt einer Frau, die kämpfen muss. Die Angst als ein allgegenwärtiger Begleiter erweist sich als ständige Blockade für ihr handeln, erleben und denken.
Dieser Roman von Dima Wannous ist jedem zu empfehlen, welcher sich in diese Gefühls -und Gedankenwelt hineinführen möchte. Allerdings steht auch das Themenfeld Liebe stark im Vordergrund. So dass, der Leser neben den psychischen Herausforderungen einer jungen Syrerin sich mit diesem Roman auf eine kurzlebige Romanze zwischen einer vom Krieg geprägten Frau sowie einem Schriftsteller einlässt. Der Krieg mit all seinen Auswirkungen wird zum Nebenschauplatz. Wer sich hierbei einen tieferen Einblick in die alltäglichen Hindernisse eines von Krieg betroffenen Menschen, von Gesellschaftskonflikten und den Krieg in Syrien im Allgemeinen erhofft hat, wird leider enttäuscht.

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