Rezension

Szenen einer Ehe

Erinnerungen an eine Ehe - Louis Begley

Erinnerungen an eine Ehe
von Louis Begley

Bewertet mit 4 Sternen

Der 70-jährige Philip ist Schriftsteller. Als Ich-Erzähler berichtet er über Lucys zerrüttete Ehe. Seit Jahren kennen sich die beiden. Zufällig trafen sie sich bei einer Ballettaufführung wieder. Aus der einst reichen, begehrten und lebenslustigen Jugendfreundin ist eine verbitterte, alte Frau geworden. In mehreren Treffen erzählt sie ihm von ihrer Ehe mit Thomas, der sie bereits vor Jahren verlassen hat und inzwischen verstorben ist. Es wird viel Alkohol getrunken. Wahrscheinlich löst er Lucys Zunge und erleichtert Philip das Zuhören. Zunächst war sein Interesse an dieser Geschichte relativ schwach, nach und nach erwärmt er sich dafür und befragt gemeinsame Bekannte dazu. Dadurch bekommt der Leser einen umfassenderen Blick auf die Jahre zurückliegenden Geschehnisse. Begley führt den Leser auch in diesem Roman in die Welt der WASP (white anglo-saxon protestant). Anwälte, Investmentbanker, Reiche und Schöne, die sogenannte High Society nimmt er unter die Lupe und versieht sie mit gelegentlichen kleinen Seitenhieben. Es ist die egoistische Oberschicht, die sich nimmt, wen sie gerade begehrt und von anderen auf eben diese Art benutzt wird. Dafür stehen Lucy und Thomas.

Wie viele seiner Altersgenossen schreibt auch Louis Begley nicht ohne Wehmut über vergangene Zeiten, gleitet dabei aber nicht in die sogenannten Alt-Herren-Phantasien ab. Allerdings erschienen mir die Szenen, in denen Lucy sich in ihrer Erotik auslebte, ein wenig spießig-moralisierend, als wäre es unpassend, dass eine Frau über sich und ihre Bedürfnisse bestimmt und sich außerhalb der Ehe holt, was ihr in der Beziehung nicht gegeben wird.

Der Roman lebt von der indirekten Rede. Es ist Geschmackssache, ob man es mag, oder auch nicht. Mir hat dieser Erzählstil gut gefallen. Ein wenig gefehlt hat mir die Fabulierkunst, das erzählerische, ausschweifende Element.

Ich habe „Erinnerungen an eine Ehe“ gern gelesen. Mit 222 Seiten liest sich der flüssig geschriebene Roman recht schnell, es ist ein typischer Begley mit einem Blick auf die upper class in New York.

Kommentare

Janine2610 kommentierte am 22. Oktober 2013 um 10:17

Klingt aber gut und macht neugierig. ;-)