Rezension

Szenen einer Ehe

Schmiedeeisensommer - Ursula Schröder

Schmiedeeisensommer
von Ursula Schröder

Bewertet mit 3 Sternen

1860 Westfalen. Weil ihrer Familie finanziell das Wasser bis zum Hals steht und den Gutshof zu verlieren droht, lässt sich Pauline von Velendorff als folgsame Tochter auf eine Ehe mit dem wohlhabenden Düsseldorfer Unternehmer Jakob Kemper ein, um ihre Familie zu retten und zieht mit ihm in eine stattliche Villa im Sauerland. Durch diese Heirat werden von Pauline auch gesellschaftliche Verpflichtungen erwartet, was der jungen Frau mit ihrem freundlichen Wesen nicht schwer fällt. Auch die Ehe mit Jakob entwickelt sich in eine positive Richtung, obwohl Jakob Paulines christlichen Glauben nicht teilt und auch sonst seine Vorbehalte dagegen hat. Eine ehemalige Liebschaft Jakobs, die plötzlich auf der Bildfläche erscheint, bringt das junge Eheglück in jeder Hinsicht ins Wanken…

Ursula Schröder hat mit „Schmiedeeisensommer“ einen historischen Gesellschaftsroman vorgelegt, der allerdings über lange Passagen recht detailverliebt und langatmig daher kommt. Der Schreibstil ist flüssig-bildhaft und gefühlvoll, so dass der Leser sich schnell auf eine Zeitreise in die Vergangenheit begeben kann. Die Autorin bedient sich wechselnder Erzählperspektiven, so lernt der Leser sowohl Pauline als auch Jakob kennen, während ihm als unsichtbarer Gast deren Gedanken- und Gefühlswelt allzeit offen liegt. Der historische Hintergrund wurde nahtlos mit der Handlung verwoben, so erhält der Leser einen guten Einblick in die damalige Gesellschaftsstruktur, wobei auch die Rolle der Frau gut thematisiert wird, denn damals war die Frau das Anhängsel des Mannes, Töchter wurden zur Rettung der Familie mit wohlhabenden Männern verheiratet. Überhaupt hatte die Frau wenig selbst zu bestimmen, wenn es um ihr eigenes Glück ging. Interessant ist auch die in diesem Buch angesprochene unterschiedliche Sichtweise in Bezug auf den Glauben, denn während Pauline sich sehr daran festhält und darauf vertraut, dass Gott ihr den Weg weist, fehlt Jakob jegliches Verständnis in dieser Richtung, was einiges an Konfliktpotential birgt. Dies kommt leider in der Geschichte nicht sehr gut zum Ausdruck. Auch die Tatsache, dass zur damaligen Zeit nicht offen miteinander kommuniziert wurde, ist ein Hindernis für die Eheleute, denn vieles läuft parallel nebenher und vermittelt den Eindruck, die beiden leben weniger miteinander als nebeneinander her, die Probleme sind vorprogrammiert. Der Unterhaltungswert der Lektüre leidet dadurch leider auch, denn alles läuft recht zäh ab und verführt zum Querlesen. Einen Spannungsbogen sucht man hier vergeblich.

Die Charaktere wurden der damaligen Zeit gemäß inszeniert, wirken glaubwürdig und realistisch, jedoch fällt es dem Leser schwer, Nähe zu ihnen aufzubauen und mit ihnen zu fühlen. So beobachtet er aus der Ferne, wie es sich zwischen dem jungen Paar entwickelt. Pauline ist nicht nur eine folgsame Tochter, sondern eine recht mutige Frau, die sich auf unbekanntes Terrain begibt und sich recht wacker schlägt. Ihre Zurückhaltung bringt den Leser oftmals an seine Grenzen, der sich daran erinnern muss, dass es sich zur damaligen Zeit nicht schickte, alles offen auszusprechen. Jakob ist ein aufmerksamer Mann, der sich seiner Verantwortung als Ehemann voll bewusst ist. Alles, was er besitzt, hat er sich selbst erarbeitet, was von Durchsetzungsvermögen, Mut und vor allem Intelligenz zeugt. Paulines Schwägerin Henriette hat es faustdick hinter den Ohren, die möchte man nicht zur Feindin haben. Aber auch weiter Protagonisten haben in dieser Geschichte ihren Auftritt.

„Schmiedeeisensommer“ ist ein historischer Roman über ein junges Paar, das sich in ihrer Ehe erst zusammenraufen muss. Sowohl der christliche Aspekt sowie die Handlung selbst sind leider nur mittelmäßig herausgestellt, was eine eingeschränkte Leseempfehlung nach sich zieht!