Rezension

Täter = Opfer = Täter

Niederrheinische Glut -

Niederrheinische Glut
von Anja Wedershoven

Bewertet mit 4 Sternen

Unspektakulärer Regio-Krimi mit lebendigen, facettenreichen Charakteren

„Niederrheinische Glut“ von Anja Wedershoven ist ein ruhiger Regionalkrimi, der in erster Linie durch spezielle und lebendig beschriebene Charaktere besticht.

Klappentext:

Der Niederrhein ächzt unter einer Hitzewelle, als das KK 11 der Krefelder Kripo ins Spargeldorf Walbeck gerufen wird. Ein betagter Rollstuhlfahrer wurde in seinem Krankentransporter entführt, eine Lösegeldforderung fehlt jedoch. Wo liegt das Motiv, wenn es nicht um Geld geht? Mit Hilfe der Öffentlichkeit wird nach dem Täter gefahndet, doch je mehr die Kommissare Johanna Brenner und Axel Holtz über den Entführten herausfinden, desto drängender wird eine schreckliche Ahnung …

Der Schreibstil liest sich flott, ist locker und flüssig. Sprachlich hat mich vor allem die authentische Wiedergabe der Jugendsprache beeindruckt. Neben Prolog und Epilog verfügt das Buch über sechs Kapitel, datiert, pro Ermittlungstag ein Kapitel. Die Handlung spielt im Jahr 2022, Corona wird nicht erwähnt. Es handelt sich um einen Regionalkrimi ohne besondere Hinweise auf Sehenswertes oder landschaftliche Schönheiten. Der Krimi ist ohne Kenntnis des Vorgängerbandes problemlos zu lesen. Trotzdem wurde mein Interesse an der genauen Vorgeschichte der Protagonisten geweckt; ich werde das nachholen.

Für mich besticht dieser Krimi einerseits durch die Ausarbeitung der Charaktere, vom unzuverlässigen, verantwortungslosen Jugendlichen bis zu den facettenreichen Wesenszügen des Ermittler-Duos, das bei weitem nicht so perfekt und auf den Fall fokussiert agiert, wie man es von Polizisten erwartet, sondern neben dem Arbeitsdruck mit privaten Problemen zu kämpfen hat, und somit nicht nur Stärken, sondern auch Schwächen zeigt. Andererseits verschwimmt in diesem Krimi der Täter-Opfer-Begriff. War das Opfer nicht eigentlich der Täter und der Täter nicht eigentlich das Opfer? Mit „Wer Angst sät, wird Hass ernten“ beginnt der Klappentext - ein dunkles Kapitel aus der Vergangenheit bildet die Basis für diesen Fall.

Auch wenn bei diesem Krimi keine Unzahl von Verdächtigen und in die Irre leitenden Spuren zum Miträtseln anregt, so bleibt dennoch lange das Tatmotiv im Dunkeln. Zudem bringen die Perspektivenwechsel zwischen den Ermittlern, dem auf der Flucht befindlichen Täter und dem leichtfertig und unüberlegt handelnden Jugendlichen Abwechslung und Spannung in die Handlung. Die Lösung des Falles war schlüssig, das allseits versöhnliche Ende wohl etwas anders als erwartet. Aber ganz in meinem Sinne.

Mir hat „Niederrheinische Glut“ sehr gut gefallen. Ich empfehle das Buch gerne weiter.