Rezension

Täter und Opfer

Das Finkenmädchen - Nicole Trope

Das Finkenmädchen
von Nicole Trope

Birdy heißt eigentlich Felicitas oder Fliss, aber sie möchte die Namen ihrer Kindheit am liebsten vergessen. Nicht vergessen kann sie jedoch was sie bei „ihm“ und „ihr“ erlebte. Als kleine Mädchen versuchte sie sich Gehör zu verschaffen, aber die Erwachsenen in ihrer Umgebung waren zu sehr mit sich selbst beschäftigt um auf ein kleines, lernbehindertes Mädchen zu hören. Nun ist sie erwachsen und im Gefängnis. Angenehmer als eine richtige Justizvollzugsanstalt, sollen die Insassen in der „Farm“ auf das Leben draußen vorbereitet werden. Sie leben in Wohngemeinschaften und haben relativ viel Freiheit. Jeder hat eine Aufgabe und Birdys Aufgabe ist die Pflege der Finken, die gezüchtet und verkauft werden. So kam sie auch zu ihrem Spitznamen.

Kurz vor ihrer Entlassung kommt Rose in dieselbe Anstalt. Ihr prominenter Mann starb unter mysteriösen Umständen, und weil sie von seiner Lebensversicherung profitierte, wurde sie für seinen Tod verantwortlich gemacht. Rose war früher die Nachbarin der kleinen Fliss, aber sie erkennt die inzwischen erwachsene Frau nicht wieder. Birdy jedoch weiß genau wer Rose ist, und sie hat eine Rechnung mit ihr zu begleichen.

Beide Frauen erzählen abwechselnd ihre Geschichte, und nach und nach wird das ganze Geschehen aufgerollt, sowohl Birdys teilweise traumatische Kindheit, als auch die entscheidenden Ereignisse in Roses Leben, vor allem als untertänige Frau an der Seite ihres bekannten Mannes. Einen besonderen Beitrag leistet dieses Buch, indem es Verständnis für die Opfer weckt; dabei ist nicht nur das kleine Kind ein Opfer, sondern auf ganz andere Weise auch die Frau an der Seite des Täters und seine Kinder.

Eine gutgeschriebene Geschichte, die bis zum Schluss spannend bleibt. Auch wenn manche Szenen traurig oder gar erschütternd sind, weckt die Erzählung den Wunsch beim Leser das Kleine zu beschützen, so wie Birdy ihre geliebten Vögel umsorgt und beschützt. Wie wichtig es ist genau hinzuhören und hinzusehen, und die Worte von Kindern ernst zu nehmen, ist Birdy ein großes Anliegen, denn das hat sie in ihrer Kindheit schmerzlich vermisst. Und die Überlegungen von Rose, wie ein kleines Ereignisse das ganze Leben eines Menschen verändern kann, regen dazu an achtsam mit anderen umzugehen.

Eine berührende und lesenswerte Erzählung über Mitmenschlichkeit und dem Schutz der Kleinen.