Rezension

Teenie Gothic in Florida

Wir, wir, wir -

Wir, wir, wir
von Dizz Tate

Bewertet mit 3 Sternen

Eine Bande wilder Dreizehnjähriger bildet den erzählenden Chor in diesem sprachlich sehr ansprechendem, atmosphärischen Roman. Es geht nicht so sehr um das Verschwinden eines anderen Teenagers, sondern um die Erlebenswelt eines Teenie-Stammes, der mit einer Stimme spricht wie ein Summen aus einem Bienenstock. Die Mädchen kultivieren ihre Träume und Ängste in imaginierten Szenarien, die an Horrorfilme erinnern.

Tate erschafft für uns ein Florida, das vor schwüler, gefährlicher Schönheit überbordet, dampfend, stinkend und klebrig und gleichzeitig voll tropischer Pracht. Die ganze faktische Umgebung der Mädchen hat etwas Gewalttätiges, bis hin zu dem mit Chemikalien verseuchten See, in dem angeblich Atommüll vor sich hinrottet und der zum Ende hin eine entscheidende Rolle spielt, wenn auch nicht so, wie man es entsprechend der verhandelten Trope "Mädchen in Gefahr" vermuten würde. Florida ist die eigentliche Protagonistin des Romans.

Gefährlich sind vor allem die Träume der Mädchen in Falls Landing, einer Gated Community am See, und der Mädchen in den angrenzenden Wohnblocks. Der einzige Weg, diese zu verwirklichen, scheint eine regelmäßig stattfindende Casting Show zu sein, die ein Flugticket nach Hollywood und eine Modelkarriere verspricht. Die Erlebnisse in diesem Kontext werden die Mädchen bis ins Erwachsenenalter verfolgen.

Die Chor-Passagen wechseln mit den erwachsenen Perspektiven aller fünf Mädchen samt dem einen queeren Jungen ab, zehn Jahre später. Aus keinem von ihnen ist "etwas geworden"; Spieler-, Trickser- und Kellner:innenkarrieren, viel Alkohol. Der Blick der Erwachsenen zurück klärt nur wenig, alles bleibt sehr vage.

Mir war das alles zu viel Stil, zuviel Atmosphäre und zu wenig Substanz. Endgültig too much wurde mir die Gothic Novel, in die das Ganze zum Ende hin abgleitet.