Rezension

Teilweise aufschlussreich, andererseits sehr ermüdend geschrieben

#klimaretten - Rainer Grießhammer

#klimaretten
von Rainer Grießhammer

Bewertet mit 2 Sternen

Ich fange mal mit dem Positiven an. Es gibt einige interessante Aspekte in dem Buch, vor allem wenn der Autor Zahlen nennt und man eine Ahnung von den Größenordnungen bekommt. Das war manchmal überraschend und sehr aufschlussreich. Wie etwa der beispielhafte Vergleich der gesamten CO2-Emissionen eines Diesel-Autos und eines Elektro-Autos. Grießhammer beschreibt in #klimaretten vor allem die aktuelle Situation bezüglich der Energienutzung, -gewinnung, des Verkehrs und der Ernährung und geht auf die erwünschten Veränderungen ein. Oft wird nicht nur das Ziel eines klimaneutraleren Lebens genannt, sondern auch Vorschläge zu dem Weg dorthin gegeben. Vieles kann jeder Einzelne ändern, aber es wird auch klar, dass vieles von Gesetzen, Bestimmungen, Subventionen/Förderungen abhängt, was nur die Politik ändern kann.
Oft sind in den Kapiteln Links zum Weiterinformieren aufgezählt. Am Ende sind in einem Glossar Definitionen und physikalische Einheiten zu finden. Ein Stichwortverzeichnis erleichtert das Finden bestimmter Themen.

Jetzt zum Negativen. Die Einleitung, die fast ein Viertel des gesamten Buches ausmacht, war durch viele Wiederholungen sehr langweilig. Zudem ist der Autor hier sehr wertend, aber dies nicht auf eine sachliche, sondern sehr vorwurfsvollen und anklagenden Art. So verbittert, dass man sich fragt, wieso er nicht selbst in die Politik geht und etwas ändert, statt nur alles zu kritisieren. Rainer Grießhammer ist Professor für Nachhaltige Produkte an der Universität Freiburg, war langjähriger Geschäftsführer des Öko-Instituts und Mitglied im "Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung für globale Umweltänderungen". Lassen wir das mal so stehen.

Manchmal werden Behauptungen aufgestellt, dass etwas so sei, aber nicht erklärt wieso das so sein soll oder es werden sehr allgemein gehaltene Formulierungen verwendet mit denen man nichts anfangen kann. Auch kommt es vor, dass von falschen Informationen ausgegangen wird, dass z. B. etwas überall so sei. An anderen Stellen wird mir zu viel dramatisiert und Effekthascherei betrieben. Wenn man zu oft "(!)" in den Text einbaut, verliert es seine Wirkung. Auch wenn man eine Zahl in Ziffern nochmals ausschreibt unterstreicht das nicht die große schockierende Erkenntnis, wie hoch die Zahl doch ist. Eher hatte ich das Gefühl, dass der Autor mich für zu blöd hält, diese Zahl aussprechen bzw. lesen zu können. Vielleicht hat Grießhammer das auch bemerkt, denn weiter hinten im Buch wird nicht mehr zu diesen Mitteln gegriffen.

Manchmal bedient er sich der Schönrednerei oder fokussiert sich auf die Vorteile, wobei er die Nachteile unter den Tisch fallen lässt. Denn was bringt zum Beispiel die Tatsache, dass nicht nur die Bahn, sondern auch der Flugverkehr oft Verspätung hat? Wie viele Menschen fliegen denn jeden Tag zur Arbeit und wie viele sind jeden Tag ohne Auto auf die Bahn angewiesen?

Was mich am meisten genervt hat und wodurch ich nur sehr widerwilig zum Buch gegriffen habe, ja micht fast schon zwingen musste, sind die vielen, vielen Wiederholungen. Mal innerhalb eines Kapitels, mal von vielen Seiten zuvor. Das Lesen wird dadruch sehr anstrengend und ermüdend. Wenn es nicht ein Buch über die Maßnahmen zum Aufhalten der Klimaerwärmung gewesen wäre und ich mich nicht dafür interessieren würde, hätte ich es längst abgebrochen. Des Öfteren treten Rechtschreib- bzw. Tippfehler auf. Nicht übermäßig oft, aber doch so häufig, dass sie gestört haben und ich mich fragte, ob der Autor das Geschriebene nochmals durchgelesen hat. Das würde auch die sehr, sehr vielen Wiederholungen erklären.
Und zu guter Letzt muss ich noch erwähnen, dass ich beim Lesen immer wieder über die gendergerechte Schreibweise gestolpert bin. Ist wohl Geschmackssache, aber mich stört es immer ungemein im Lesefluss.

Fazit:

Es gibt viele interessante und aufschlussreiche Aspekte über die aktuelle Situation. Neben dem gewünschten Ziel eines klimaneutraleren Lebens werden auch Vorschläge für die Umsetzung gegeben. Allerdings sind die Vorschläge nicht an allen Stellen durchdacht und durch die sehr vielen Wiederholungen liest man nur sehr widerwillig weiter. Wenn man sich für das Thema interessiert, findet man bestimmt Bücher, die besser geschrieben sind als dieses.
Oft tritt die Aufforderung "frag/sag deine(n) Eltern" auf, weswegen Jugendliche (speziell die Fridays For Future-Aktivisten) die Zielgruppe sind, was für mich weniger ansprechend war.