Rezension

Teilweise tief bewegend, aber zu oft nichtssagend

Wir sehen uns am Meer - Dorit Rabinyan

Wir sehen uns am Meer
von Dorit Rabinyan

Bewertet mit 3 Sternen

Liat ist Israelin, Chilmi ist Palästinenser. Sie lernen sich in New York kennen und verlieben sich ineinander. Chilmi lebt schon länger als Maler in den USA, aber Liat hat ein Stipendium und der Termin für ihren Rückflug steht fest. Von Anfang an wissen die beiden, dass ihnen nur sechs Monate zusammen bleiben…

Ich habe von diesem Paar erwartet, dass es jeden Tag seiner "Liebe mit Verfallsdatum" genießt, dass es für seine Liebe kämpft und natürlich habe ich gehofft, dass vielleicht so eine Art Wunder geschieht und es ein Happy End gibt.

Leider habe ich eine der langweiligsten Beziehungen entdecken müssen, von denen ich jemals gelesen habe. Natürlich gibt es Spannungen zwischen den beiden, denn beide – meiner Meinung nach vor allem Liat – sind mit Vorurteilen und Klischees über den anderen aufgewachsen und beide wissen, dass ihre Liebe von niemandem zuhause akzeptiert werden würde, so dass sie ihren Familien auch nicht davon erzählen. Diese Beschreibungen der innerlichen Zerrissenheit sind für mich die Höhepunkte des Buches; ich fand sie oft tief bewegend und wirklich herzzerreißend. Passagen wie "dass wir beide auch hier in dieser großen Stadt, weit weg von zu Hause, nicht wirklich allein sind, dass in unserem Bett nicht nur wir liegen, auch wenn wir das gern glauben möchten" haben mich sehr berührt, doch davon gab es viel zu wenige.

Liat und Chilmi machen nichts aus ihrer Beziehung und sie stecken den Kopf in den Sand, was die Zukunft betrifft, daher war die Beschreibung ihrer gemeinsamen Zeit für mich bis auf wenige Ausnahmen langweilig. Dazu gibt es seitenlange Beschreibungen anderer Dinge, vor allem des New Yorker Winters. Die Autorin hat das Buch sicher hauptsächlich für israelische Leser geschrieben, daher kann man ihr da keinen Vorwurf machen, aber gelangweilt haben mich die vielen Beschreibungen trotzdem, denn das war nicht das, was ich wissen wollte.

Wie gesagt, ich hatte auf ein Happy End gehofft, aber zumindest darauf, dass die beiden sich ein bisschen Mühe geben, um zusammen zu bleiben, daher war das Ende für mich die größte Enttäuschung.

Ich hätte gerne ein paar Hintergrundinformationen zu diesem Roman gehabt, zum Beispiel warum er erst auf die Lektüreliste der Oberstufe gesetzt wurde, dann aber Anfang dieses Jahres vom israelischen Erziehungsministerium wieder von der Liste gestrichen wurde. Ich persönlich finde, dass dieses Buch Jugendlichen nicht viel bringt. Liat würde ich mir in keiner Hinsicht zum Vorbild nehmen und das Buch regt auch nicht unbedingt zum Nachdenken an, daher Liat und Chilmi ihre Situation einfach so hinnehmen.