Tell vom Sockel geholt
Bewertet mit 5 Sternen
Joachim B. Schmidt erzählt in Tell die Saga um Wilhelm Tell nach, dem "ersten Eidgenossen". Natürlich kommt der zu grüßende Hut, der Apfelschuss und auch der Tyrannenmord vor, sind das doch Kernelemente der Saga.
Aus meiner Sicht gelingt es Schmidt aber wunderbar, Wilhelm Tell von seinem Sockel zu holen und ihn als echten, eigenbrötlerischem Menschen zu charakterisieren, der eigentlich nur in Ruhe gelassen werden und in den Bergen nach seiner Fasson glücklich leben will. Doch das Schicksal hat es anders vorgesehen. Und immer wieder gelingt es Schmidt, den verzweifelten, liebenden, aber auch traumatisierten Menschen hinter Tells Fassade zum Leben zu erwecken.
Die Geschichte spielt Anfang des 14. Jahrhunderts, die Habsburger haben das Gebiet der Zentralschweiz besetzt und spielen sich als Herrschende mit ihren Söldnern auf. Schmidt schildert auch die dabei begangenen Grausamkeiten, aber nach meinem Empfinden nicht stäkrer, als für die Geschichte notwendig.
Schmidts Kunstgriff, die Saga aus der Sicht sehr vieler handelnder Personen (weiter) zu erzählen gibt vielen dieser Personen eine Vielschichtigkeit, die sonsft wahrscheinlich nicht einfach zu erreichen gewesen. Insbesondere auch Gessler, dem Landvorgt, aber auch Tells Familie, vorrangig Walter, oder der Pfarrhaushalt werden so lebendig.
Aus meiner Sicht eine sehr gelungene Neuerzählung der Saga. Vielen Dank, dass ich hier in der Leserunde das Buch kennenlernen durft.