Rezension

teuflischer walzer

Teuflischer Walzer - Frank Tallis

Teuflischer Walzer
von Frank Tallis

Die historischen Kriminalromane rund um den in Mordfällen ermittelnden Arzt und Psychoanalytiker Max Liebermann sind für mich Neuland gewesen. "Ein Teuflischer Walzer" von Frank Tallis, der selbst Klinischer Psychologe ist, ist nach sieben Jahren Pause der neueste Band der Reihe. Leider findet sich im Buch keine Auflistung der bisher erschienen Fälle, was ich etwas schade finde, zumal alle Übersetzungen ebenfalls im btb-Verlag erschienen sind.

Wir befinden uns im Wien des gerade begonnenen Jahres 1904. Es ist das Wien der angeschlagenen K. u. k.-Doppelmonarchie. Die Kaiserin Elisabeth wurde wenige Jahre zuvor von einem Anarchisten ermordet, der Bevölkerung geht es schlecht, die vielschichtigen Stimmen des Sozialismus werden lauter. In der Kunst malt Gustav Klimt seine goldenen Gemälde. Sigmund Freud praktiziert in der Wiener Berggasse, wo er die menschliche Psyche erforscht. Vor diesem Hintergrund spielt sich die Krimihandlung ab: Ein entstellter Toter, der offensichtlich erschossen wurde, wird in einer ehemaligen Klavierfabrik gefunden. Kriminalinspektor Oskar Reinhardt holt sich einmal wieder Unterstützung beim Ermitteln in Person seines Freundes Max Liebermann. Dieser ist seines Zeichens Freud-Schüler und als Arzt und Psychiater mit den Abgründen der menschlichen Psyche bestens vertraut.

Der Roman beschwört eine unheilvolle Fin-de-siècle-Kulisse herauf. Düster, winterlich und beklemmend ist diese Atmosphäre, die die Handlung wunderbar umrahmt. Es geht ja auch um die dunklen Aspekte der menschlichen Psyche und persönliche Verstrickungen aller Art. Die vielfältigen Themenbereiche, die im Roman angesprochen werden, wie z.B. Spielarten der Medizin, Psychologie und Politik - natürlich im Kontext der Zeit um 1900 -  sind für den Leser, sofern er sich nicht gedanklich ohnehin schon in diesen Metiers bewegt bzw. sich mit ihnen beschäftigt, erstmal sehr kompliziert, die Dialoge teilweise sehr hochtrabend. Durchbrochen wird dieser, ich nenne ihn mal intellektuelle Duktus, durch actiongeladene Szenen und eine brisante Handlung, die viel Sprengstoff bietet - im wahrsten Sinne des Wortes!

Der Roman hat mir sehr gut gefallen, auch wenn ich mich aufgrund der Themen stellenweise sehr konzentrieren musste. Die Figur des Max Liebermann und die Idee, einen Psychiater zum Co-Ermittler zu machen, fand ich sehr gut ausgearbeitet. Seine kluge Verlobte Amelia Lydgate frischt die Handlung, die eigentlich fast durchgehend ernst ist, sehr auf.

Alles in allem wird die Gesellschaft der Wiener Jahrhundertwende wunderbar und lebensecht portraitiert. Die Krimihandlung mit Spionageelementen fand ich sehr "international", Tallis ist Engländer und schreibt für ein breites Publikum.