Rezension

Thematisiert emotional die Frage „Was wäre gewesen, wenn…“

Die Mitternachtsbibliothek -

Die Mitternachtsbibliothek
von Matt Haig

Bewertet mit 5 Sternen

Der Klappentext für „Die Mitternachtsbibliothek“ hat mich neugierig darauf gemacht, welche Art von Geschichte Matt Haig hier für mich entfalten würde. „Die Mitternachtsbibliothek“ ist nicht mein erstes Buch von Matt Haig, daher habe ich mich auf einen feinen, emotionalen Schreibstil gefreut und irgendwie auch schon darauf eingestellt, dass mich die Geschichte emotional angehen würde. All das hat Matt Haig meiner Meinung nach auch abgeliefert – für mich war Nora`s „Reise“ durch die Leben „die gewesen wären, wenn…“ absolut fesselnd, hochemotional, wenn auch keine fröhliche Lektüre für zwischendurch.

Das Buch verfügt über eine ziemlich verzweifelte Protagonistin, die sich und ihr Leben gleich zu Beginn der Handlung aufgeben möchte. Da dies bereits im Klappentext des Buches erwähnt ist, spoilert dies nichts, aber ich hatte hier das Bedürfnis darauf hinzuweisen, dass der Einstieg in die Geschichte dadurch relativ dramatisch ist. Mit Nora als Protagonistin konnte ich mich eigentlich ganz gut identifizieren – und zumindest in Teilen dürfte sich jeder Mensch ab einem bestimmten Alter vielleicht gefragt haben, wie das eigene Leben wohl heute aussehen würde, wenn man an einer Weggabelung eine andere Abzweigung genommen hätte. Diese Neugier kann Nora durch ihren Zwischenstopp auf dem Weg ins Jenseits befriedigen, sie kann die verschiedenen Leben quasi anprobieren und stellt dabei fest, dass jede anders getroffene Entscheidung nicht zwangsläufig zu einer komplett „besseren“ Version ihres Lebens führt. Greift das Buch hier einen völlig neuen Gedanken auf? Sicherlich nicht, aber durch Nora’s Erfahrungen in der Mitternachtsbibliothek wird aus diesem Abstrakten Konzept ein sehr plastisches Bild gemalt.

Für mich beschreibt „Die Mitternachtsbibliothek“ sehr deutlich, dass es keinen Sinn hat, über „Was wäre gewesen, wenn…“ groß nachzugrübeln. Man hat das „Hier“ und das „Jetzt“ und kann von diesem Punkt aus die weiteren Schritte bestimmen. Es ist trotz des dramatischen und eher depressiv anmutenden Anfangs ein hoffnungsvolles Buch, das mich mit einem leichten Lächeln auf den Lippen und einer kleinen Träne im Augenwinkel zurücklässt.

Ich habe das Buch übrigens in der Hörbuchfassung, gelesen von Annette Frier genossen. Ihre Stimme ist angenehm, das Sprechtempo und die Betonung waren meiner Meinung nach super und man hat in den emotionalen Teilen der Geschichte auch wirklich Emotionen gehört. Für mich hat Annette Frier hier eine rundum gelungene Leistung abgelegt.

Von mir erhält „Die Mitternachtsbibliothek“ volle fünf Sterne.