Rezension

There´s a crack in everything

Kintsugi - Miku Sophie Kühmel

Kintsugi
von Miku Sophie Kühmel

Kintsugi, so wird im Anhang erklärt, ist eine japanische Kunst: Zerbrochenes Porzellan wird gekittet, aber nicht so wie üblich, indem man die Risse zuklebt und möglichst unsichtbar macht, sondern sie werden mit Gold gefüllt. So wird das Zerbrochene kostbar, der Makel die Besonderheit, aus Unvollkommenheit Schönheit.

Ort der Handlung: Ein Landhaus in der Uckermark. Zeit: Unbestimmt, in der Gegenwart. Personen: Reik, ein international bekannter Künstler; sein Partner Max, ein Archäologieprofessor; Reiks Jugendfreund Tonio, Pianist; Tonios Tochter Pega, zwanzig Jahre alt. Seit zwanzig Jahren sind Reik und Max ein Paar. Geheiratet haben sie nicht und ein Fest wollen sie auch nicht ausrichten. Stattdessen verbringen sie ein Wochenende in ihrem Landhaus, gemeinsam mit Tonio und Pega. Handlung: Im Grunde keine. Sie sprechen miteinander, kochen und essen, gehen spazieren, pflanzen Blumenzwiebeln, fahren Boot. Am Ende des Wochenendes haben sich die Beziehungen verändert, die vier haben Entscheidungen getroffen, ein Aufbruch findet statt. Die zerbrochene Teeschale wird wieder zusammengesetzt - können die Risse in der Beziehung auch gefüllt werden, vielleicht sogar mit Gold, und dadurch etwas Kostbares, Neues entstehen?

Beziehungsgeschichten können faszinierend sein, aber auch sehr langweilig - es kommt darauf an, ob die Charaktere überzeugend und lebensecht sind. Komplex müssen sie sein, um Interesse hervorzurufen, und eine Entwicklung muss glaubwürdig dargestellt werden. In Max und Reik kann ich mich einfühlen; Tonio bleibt mir eher fremd, und Pega kann mich besonders mit der letzten Wendung nicht ganz überzeugen. Die Autorin gibt jedem von ihnen Raum; jede Figur äußert sich in einem langen inneren Dialog, unterbrochen durch kurze Szenen wie in einem Theaterdrehbuch. Die Kapitel sind mit japanischen Begriffen betitelt, die im Anhang übersetzt werden; bis auf den Titelbegriff Kintsugi konnte ich allerdings keine Verbindung herstellen. Denken musste ich an Cohens Liedzeile "There´s a crack in everything, that´s how the light gets in" - auch hier ist Unvollkommenheit, Versehrtheit die Voraussetzung, damit etwas Besseres geschehen kann. 

Mein Eindruck vom Buch bleibt gemischt: Starke, anrührende Stellen, aber auch Partien, denen ich gar nichts abgewinnen konnte. Vielleicht muss ich das Buch mit Abstand noch einmal lesen?

Das Buch steht auf der Nominierungsliste zum Deutschen Buchpreis 2019.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 03. Februar 2020 um 21:22

Einmal war schon zu viel, Dear.

FIRIEL kommentierte am 03. Februar 2020 um 21:25

Für dich.

Marshall Trueblood kommentierte am 04. Februar 2020 um 09:06

Ich mochte es sehr!