Rezension

Thunderbolt and Lightning

Zusammenkunft -

Zusammenkunft
von Natasha Brown

Bewertet mit 4 Sternen

Wie ein Blitz ist dieses Buch. Unglaublich grell. Und schnell vorbei. Viel zu schnell? Nein. Sein Nachhall, der Donner, wirkt lange und laut.

Die Protagonistin arbeitet im Finanzsektor. Hat sich aus prekären Verhältnissen hochgearbeitet. Führende Position, Eigentumswohnung in London, keinerlei Sorgen. Finanzieller Art. Denn sie ist eine Frau. Und schwarz. Und somit Opfer von Sexismus und Rassismus. Mal offen und direkt, wie bei einer Begegnung mit einem Betrunkenen in der Bahnstation. Meist versteckt oder (gar-nicht-mal-so-)nett verpackt, in zynischen Bemerkungen von Kollegen oder den Eltern ihres Freundes, die sie eh nur als „die aktuelle Freundin ihres Sohnes“ sehen.

Natasha Brown erzählt ihre Geschichte, aber auch die einer ganzer Generation von Menschen anderer Herkunft, von Frauen, von Rollenbildern und Rollen in diesem Theater, das wir Leben nennen. Ohne etwas vorweg nehmen zu wollen, um den Nachhall dieses Buches nicht zu zerstören: Manche Themen sind in den letzten Jahren publik geworden dank #metoo und BLM, manche sind neu, aber eigentlich auch nur für die Leser:innen, die nicht davon betroffen sind, die diese Erfahrungen nicht gemacht haben.

Brown gelingt dabei eine starke Dramaturgie – von „random Einzelfällen“ (die natürlich keine sind) zum Leben der Protagonistin. Von ihrem Berufsalltag hin zu ihrer Beziehung mit einem Sohn reicher, einflussreicher Eltern und weiter zu ihrer Krebserkrankung, die sie nicht behandeln lassen möchte, da der Krebs der Gesellschaft mehr schmerzt als der in ihrer Brust.

Und obwohl „Zusammenkunft“ so kurz wie eine Novelle erscheint, so steckt auf den 113 Seiten mehr als in manchem 400 Seiten-Roman. Mehr Inhalt, mehr Tiefe, mehr Gewicht. Es ist schnell gelesen. Aber vorbei ist es damit noch lange nicht. Achtet auf den Nachhall – und nehmt etwas davon mit in euer Verhalten!