Rezension

Tief berührend und sehr spannend – bislang mein Lesehighlight 2014!

Elizabeth wird vermisst - Emma Healey

Elizabeth wird vermisst
von Emma Healey

Bewertet mit 5 Sternen

Inhalt:

Die über 80jährige Maud leidet an Alzheimer. Der Alltag stellt sie deshalb zunehmend vor unüberwindliche Hindernisse. Sie versucht sich zwar, mit Notizen auf Zetteln zu behelfen; doch auch dieses „System“ aus papiernen Gedächtnisstützen hat seine Schwachstellen und stiftet Maud häufig mehr Verwirrung als Nutzen.

Während ihr Gedächtnis besonders was kürzliche Ereignisse betrifft immer löchriger wird, gibt es einen Gedanken, der sich in Maud festgesetzt hat: „Elizabeth wird vermisst“. Geradezu zwanghaft macht Maud sich auf die Suche nach ihrer verschwundenen Freundin.

Aber Elizabeth ist nicht die einzige Person, die von Maud vermisst wird: Als Maud noch ein Kind war, verschwand auch ihre ältere Schwester Sukey spurlos.

Diese beiden Vermisstenfälle verknüpfen sich für Maud, obwohl fast 70 Jahre zwischen ihnen liegen. Und während Maud sich in der Gegenwart auf die Suche nach Elizabeth begibt, kehrt sie in ihren Erinnerungen assoziativ in ihre Kindheit zurück und erlebt noch einmal die Zeit, als ihre Schwester verschwand…

Leseeindruck:

Das besondere an diesem Roman ist seine Erzählperspektive: Die Handlung wird aus der Innensicht der alzheimerkranken Maud erzählt.

Das bedeutet, dass der Leser Mauds Gedankengängen folgt: Gedanken kommen und gehen, reißen ab, sind wirr, wiederholen sich, Geschehnisse werden sofort wieder vergessen, falsch erinnert oder führen zu spontanen Assoziationen an vergangene Ereignisse.

Das ist nicht unbedingt leicht zu lesen, aber sehr authentisch, und führt dazu, dass der Leser nur bruchstückhaft neue Erkenntnisse über das Verschwinden von Elizabeth und Sukey erhält.

Darüber hinaus erhält man als Leser gute Einblicke in die Schwierigkeiten, die die Alzheimererkrankung für die Betroffenen und ihre Angehörigen bedeutet und die sich im Umgang mit Außenstehenden ergeben.

Während in den ersten beiden Dritteln des Buches für mich die Betroffenheit über Mauds Probleme im Alltag im Vordergrund stand und ich den Roman nur häppchenweise lesen konnte, waren für mich die letzten 100 Seiten so spannend und haben mich so gefesselt, dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte.

Eine sehr gute Idee fand ich den Post-It mit der Notiz „Elizabeth wird vermisst“, der auf Seite 22 eingeklebt war. Dadurch wurde für mich die Handlung noch unmittelbarer, und ich finde solche Gimmicks machen ein Buch zu etwas ganz besonderem.

Ich wünsche dem Roman möglichst viele Leser. Für mich ist er eine Entdeckung, die mich voll überzeugen konnte!

Leseempfehlung:

Für alle, die für das schwierige Thema und einen unkonventionellen Romanaufbau offen sind