Rezension

Tief im Spessart

Zornfried - Jörg-Uwe Albig

Zornfried
von Jörg-Uwe Albig

Bewertet mit 2 Sternen

Ein hochtrabendes Gedicht ist der Auslöser für eine Reportagereise in den tiefsten Spessart: Jan arbeitet als freier Journalist für eine Frankfurter Zeitung und ist von den Gedichtzeilen Storm Linnés sofort wie elektrisiert. Nicht weil die besonders poetisch wären, sondern weil von Ruhm, Ehre und Kampf fürs Vaterland die Rede ist. In einem Ton, der auch Nazideutschland gut gefallen hätte. Wer ist dieser Storm Linné und was treibt er auf Zornfried, einer altehrwürdigen Burg mitten im Wald? Jan wittert eine gute Story.

Ich weiß, dass Zornfried sich als Satire verstanden wissen will; manchmal klappt das auch, aber nicht immer. Die Faszination der Neonazis für die guten, alten Werte, die geschichtsträchtige Burg, die regionalen Erzeugnisse und natürlich allem voran der unendlich verehrte Dichter wird mir eine Spur zu unreflektiert dargestellt; die Abgrenzung zwischen echter Begeisterung und Satire nicht gut genug herausgearbeitet. Das liegt auch daran, dass die Hauptfigur irgendwie meinungslos zwischen den Rechten steht, man liest wenig Provokantes, Brock sucht kaum die Konfrontation, also eigentlich das, was ich mir von der Handlung erwartet habe. So wurschteln die Neonazis auf ihrer Burg vor sich hin, Linné dichtet wie verrückt (dessen Werke sind dafür mehr als ausufernd abgedruckt), und ich habe mich als Leser mehr als einmal gefragt, was mir dieses Buch sagen will. Unterm Strich bleibt Enttäuschung zurück, da das Potential für Provokation und eiskalte Satire gegeben war – nur eben nicht genutzt wurde.