Rezension

Tiefgründiger Krimi

Stumm vor Angst - Ingrid Zellner

Stumm vor Angst
von Ingrid Zellner

Bewertet mit 5 Sternen

„...Und wenn derjenige nur aus einer Laune heraus lebensmüde geworden ist oder vor Problemen davonläuft, die absolut lösbar wären, dann stimme ich dir hundertprozentig zu. Das Leben ist ein kostbares Gut, das man nicht einfach so wegwerfen sollte […] Wenn man aber nicht mehr in Würde leben kann, darf man dann nicht wenigstens in würde sterben?...“

Malte Jacobsen und Surendra Sinha setzen sich nach ihrem letzten Fall nochmals zusammen. Dann fährt Surendra uaf die Schwäbische Alp zu Frank Hasemann. Der war lange sein Vorgesetzter und ist ihm nach wie vor Freund und Ratgeber. Surendra ist suspendiert, da wegen Strafvereitelung in einem Fall von Sterbehilfe gegen ihn ermittelt wird.

Bei einem Spaziergang trifft Surendra Linnea, ein kleines Mädchen, das verstummt ist, als sie mit ansehen musste, wie ihr Elternhaus verbrannt ist. Dabei kam ihr Vater ums Leben. Der Brandstifter sitzt hinter Gittern, doch eine der Zeuginnen wurde vor kurzem ermordet.

Die Autorin hat erneut einen spannenden Krimi geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen. Natürlich stolpert Surendra sinngemäß wieder über eine Leiche. Außerdem trifft er auf alte Bekannte.

Wie das Eingangszitat zeigt, wird im Gespräch zwischen Surendra und Frank auch das Thema Sterbehilfe von verschiedenen Seiten beleuchtet.

Surendra ist in Deutschland geboren und aufgewachsen. Seine indischen Wurzeln aber kann und will er nicht verleugnen. Deshalb wird er in der Öffentlichkeit wiederholt angefeindet. Während er gelassen damit umgeht, kann seine Mutter Zenobia schon mal zur Löwin werden.

Sehr berührt haben mich die Worte des Vaters.

 

„...Du magst gegen Gesetze verstoßen haben – aber du hast dich dabei als Mensch erwiesen. Und das zählt für mich mehr als alles andere...“

 

In den ruhigen Momenten der Handlung darf ich mit den Protagonisten die Sehenswürdigkeiten der Gegend erkunden, aber auch die Stille der Landschaft genießen.

 

„...Allein und ungestört wanderten Sinha und Hasemann durch stille, herbstkahle Wälder; das welke braune Laub raschelte zu ihren Füßen, und die weit ausladenden moosbewachsenen Baumwurzeln ließen Sinha unwillkürlich an einen verwunschenen Märchenwald denken...“

 

Leider wartet am Ziel der Wanderung die nächste Leiche. Schlimmer aber trifft es Sinha, als man ihn wegen Kindesmissbrauch anzeigt. Sein Umgang mit der kleinen Linnea, der von deren Mutter Natalie gewünscht und gefördert wird, stößt auf Missgunst.

In diesem Band trifft Sinha auf die unterschiedlichsten Kriminalisten. Da seine Suspendierung bekannt ist, stößt er auf Ablehnung, Unhöflichkeit und Überheblichkeit. Hasemann fasst die eine Begegnung so zusammen:

 

„...Arroganz, dein Name ist Kratz. Jung, unerfahren und aufgeblasen. Solche Kerle habe ich gefressen...“

 

Die Ermittlungen erweisen sich als schwierig. Erst ein Zeitungsartikel bringt die Sache ins Rollen und deckt unerwartete Zusammenhänge auf. Natürlich hat mich die Autorin beim Mitraten erneut gekonnt in die Irre geführt.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es ist trotz mehrere Morde eher ein leiser Krimi.