Rezension

Tiefgründiges Jugendbuch über toxische Freundschaft, Eltern-Kind-Beziehungen und Selbstreflektion

14 Minuten gelogene Wahrheit - Sarah Lyu

14 Minuten gelogene Wahrheit
von Sarah Lyu

In “14 Minuten gelogene Wahrheit” von Sarah Lyu wird der Fokus auf toxische Freundschaft, Eltern-Kind-Beziehungen und Selbstreflektion gelegt. Ein Jugendbuch, das unerwartet tiefgründig ist! [T R I G G E R W A R N U N G: Gewalt]

Eine Nacht, in der sich alles für Remy verändert. Ihre große Liebe, Jack, ist nun tot – erschossen von Remys bester Freundin Elise. Doch Remy kann sich an die entscheidenden 14 Minuten dieser Nacht einfach nicht erinnern. Sie ist sich aber sicher, dass es ein Unfall gewesen sein muss, denn das versichert ihr Elise. 

Man wird direkt in die Geschehnisse hineingeworfen. Dabei wird alles aus Remys Sicht erzählt und wir springen zwischen Vergangenheit und Gegenwart hin und her, sodass wir mehr darüber erfahren, wie es überhaupt dazu kam, dass Jack gestorben ist. Anfangs dachte ich aufgrund des Klappentexts, dass es im Buch lediglich um die vergessenen 14 Minuten gehen würde, bin aber sehr froh darüber, dass dem nicht so ist und wir wesentlich mehr Hintergrundgeschichte erhalten.

Wir erfahren sehr schnell, dass Remy aus einem Haushalt kommt, in dem ihre Eltern sich konstant streiten und ihre Mutter sie ständig mit ihrem perfekten Bruder Christian vergleicht – das “Aushängeschild” der Familie. Nach außen hin spielen sie allerdings die harmonische Familie, sodass niemand weiß wie sehr Remy darunter leidet. Bis sie Elise trifft. Elise ist alles, was Remy sein möchte: selbstbewusst, mutig und stark. Sie freunden sich miteinander an und die Dynamik ist von vornherein klar. Remy ist sofort von Elise eingenommen und würde alles für sie tun. Von Elise erhält sie die lang ersehnte Zuneigung und Aufmerksamkeit. Auch Elise fühlt sich von allen alleine gelassen, sodass die beiden beschließen von nun an füreinander da zu sein und sehen sich fortan als Familie.

Auf mich wirkt die Beziehung zwischen Remy und Elise so, als wäre Elise sich über ihre Anziehungskraft durchaus bewusst und nutzt dies auch aus, um Remy zu manipulieren und sie noch mehr von sich abhängig zu machen. Obwohl sich Remy dessen irgendwie auch so ein klitzekleines bisschen bewusst ist, versucht sie sich dennoch alles zu Recht zureden. Ich habe mich so gefreut, als dann erzählt wurde, wie Remy und Jack sich kennengelernt haben. Es ging mir persönlich etwas zu schnell, aber es war so glaubwürdig und doch sehr magisch. Was in den vergessenen 14 Minuten stattfand, erfahren wir erst relativ am Ende und das hatte es in sich.  

“14 Minuten gelogene Wahrheit” ist ein tolles Buch, das aufzeigt wie schnell man sich, insbesondere als Jugendliche*r von einer anderen Person abhängig machen kann, wenn man gerade verletzlich ist und auch wie schnell das schon fast in eine Obsession ausarten kann. Außerdem bin ich sehr froh darüber, dass das Buch darauf aufmerksam macht, dass Traumata nicht miteinander zu vergleichen sind und auch, dass diese nicht romantisiert werden sollten, wie es in vielen Büchern und Filmen geschieht. 

Das einzige, was mich wirklich gestört hat, war die Erwähnung, dass Remy ihr Handy auf lautlos gestellt hat, aber direkt auf der nächsten Seite, in der gleichen Szene, hat es unaufhörlich vibriert.

Dennoch große Leseempfehlung, auch wenn es kein feel-good-Buch für zwischendurch ist!