Rezension

Tiere, die im Schatten stehen

Unbekannte Mitbewohner - Ruthild Kropp, Carina Heberer

Unbekannte Mitbewohner
von Ruthild Kropp Carina Heberer

Bewertet mit 5 Sternen

»Man muss keine großen Reisen unternehmen, um spektakulären Tierarten zu begegnen, denn sie sind mitten unter uns: Jeden Tag begegnen wir in unseren Wohnungen, auf Balkonen, in Gärten und Parks einer Vielzahl von höchst unterschiedlichen tierischen Zimmergenossen, Untermietern und Nachbarn.«

Die Tiere, um die es in diesem Buch geht, gehören – ob wir wollen oder nicht – zu unserem Leben dazu. Trotzdem wissen wir erstaunlich wenig über sie, wollen das oft auch gar nicht. Denn obwohl manche von ihnen faszinieren, stoßen andere ab, ekeln und stören uns. Es geht um fliegende, krabbelnde und kriechende Mitbewohner in Wohnung, Haus und Garten, um Stechmücken und Blattläuse, um Silberfischchen, Marienkäfer und Nacktschnecken.

Nicht wenige Leser werden jetzt sagen, dass Marienkäfer ja ok und nett sind. Aber der Rest? Wer will sich damit beschäftigen? Ich durfte mich zusammen mit diesem Buch mit 28 Porträts von Tieren dieser Art auseinandersetzen und habe dabei festgestellt, dass zum einen die netten Marienkäfer auch eine dunkle Seite haben (Kannibalismus) und dass die anderen es wirklich verdient haben, mehr über sie zu erfahren.

 

Jedes Porträt ist recht ausführlich gehalten, umfasst Abbildungen und Beschreibungen der Tiere, ihre Besonderheiten, ihre Entwicklung, Lebensweise, Ernährung und Fortpflanzung. Es wird darauf eingegangen, wie sie gewöhnlich angesehen werden und es wird beleuchtet, inwiefern dies der Wahrheit entspricht. Da zeigt so mancher vermutete Schädling plötzlich auch nützliche Seiten oder stellt sich statt gefährlich als vollkommen harmlos heraus.

Die Autorinnen sind Biologinnen und werben mit Recht um etwas mehr Verständnis und Rücksichtnahme. Niemand muss aber befürchten, dass hier jedes Tier als schutzbedürftig dargestellt wird. Kopfläuse dürfen natürlich vernichtet werden, die Gefährlichkeit der Zecke wird nicht verharmlost und es werden in solchen Fällen auch Tipps zur Bekämpfung gegeben. Ein Gärtner muss auch nicht die Blattläuse dulden, die seine Pflanzen bedrohen, aber er bekommt Ratschläge, wie er ihnen ökologisch stimmig beikommen kann.

 

Tatsächlich haben mich manche Porträts wirklich fasziniert und überrascht. Sicher geht es mir nicht allein so, dass ich viele Tierarten völlig unterschätzt habe. Wir haben es hier in einigen Fällen mit regelrechten Überlebenskünstlern zu tun, mit Tieren, die planvoll arbeiten, sozial sind und überhaupt erstaunliche Fähigkeiten aufweisen.

Wenn ich ehrlich bin, werde ich mich vermutlich auch weiter vor Kakerlaken ekeln. Aber wenn ich künftig einzelne Silberfischchen in meinem Bad entdecke, werde ich sie in Frieden lassen. Denn sie fressen unter anderem Schimmelpilze und Hausstaubmilben, und das ist doch ziemlich nett von ihnen, nicht wahr?

 

Fazit: Unsere unbekannten Mitbewohner faszinieren und überraschen – sie haben einen genaueren Blick wirklich verdient!

 

»Man sieht oft etwas hundert Mal, tausend Mal, ehe man es zum allerersten Mal wirklich sieht.« (Christian Morgenstern)