Rezension

Tiger, Tiger

Tiger
von Polly Clark

Eigentlich ist Frieda Primatenforscherin. Nach einem Überfall ist sie morphinsüchtig, was sich auf ihre Arbeit mit den Bonobos folgenschwer auswirkt. Sie verliert sie ihre Anstellung im Institut der Universität. In einem kleinen Zoo in Devon übernimmt Frieda die Pflege der Amur-Tiger. Dort trifft sie auf Luna, deren Majestätik und Aggression gleichermaßen beeindruckend ist.

In der sibirischen Taiga ist Tomas Wildschützer in einem Reservat für Tiger, das sein Vater leitet. Die beiden Männer haben eine sehr komplizierte Beziehung. Ihre Beweggründe sich für den Fortbestand der Tiger einzusetzen unterscheiden sich gewaltig.

Immer noch in Sibirien erleben wir Edit und ihre Tochter Sina, die fernab der Zivilisation in einer Hütte im Primärwald leben. Edit ist vor menschlicher Gewalt geflohen und setzt sich lieber der Urgewalt der Natur, des Waldes und der Tiger aus.

Der Kreis schließt sich, als Frieda nach Sibirien kommt und dort auf Tomas trifft.

„Tiger“ ist der atemberaubende Roman der kanadisch-britischen Schriftstellerin und Lyrikerin Polly Clark. Die Autorin hat selbst im Edinburgher Zoo gearbeitet, wo ihr Interesse an den sibirischen Tigern entstand. Nach Recherchearbeiten in der russischen Taiga konnte sie in diesem Buch ihre Erfahrungen mit den vom Aussterben bedrohten Raubkatzen übermitteln.

„In der Wildnis – in der richtigen, echten Natur – gibt es nur zweierlei: Jäger und Gejagte. Und einem Tiger ist bewusst, dass er ein Spitzenprädator ist. Wusstest du, dass die Fellzeichnung auf der Stirn des Tigers das chinesische Schriftzeichen für König ist?“

Die Menschlichen Schicksale, von denen Polly Clark erzählt sind die Fäden für den Stoff der Geschichte, der Tiger ist der Knoten, der das ganze Geflecht zusammenhält.

„Tiger, Tiger, burning bright…“ dichtete William Blake.

Artenschutz, Wilderei, menschliche Hybris auf der einen Seite und die strahlende animalische Urkraft der bedrohten Tierart auf der anderen: diese Mischung, düster, bedrohlich, unglaublich spannend und darüber hinaus lehrreich, machen ein sehr eindringliches Leseerlebnis aus.