Rezension

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Timur Vermes ist wieder da, böser und unterhaltsamer, als jemals zuvor

Die Hungrigen und die Satten - Timur Vermes

Die Hungrigen und die Satten
von Timur Vermes

Bewertet mit 4 Sternen

Europa hat die Grenzen geschlossen und millionen Flüchtlinge sitzen in einem Lager mitten in der Wüste Afrikas fest. Sie haben keine Aussicht auf Hoffnung oder eine Perspektive. Bis eines Tages eine aufstrebende und ziemlich naive Moderatorin von ihrem Sender in dieses Flüchtlingsheim geschickt wird und von dort berichten soll. Ein Flüchtling sieht nun seine Chance gekommen und möchte mit der Moderatorin zurück nach Deutschland. Doch es kommt alles „etwas“ anders und letztendlich machen sich 150.000 Flüchtlinge samt Moderatorin zu Fuß auf den Weg nach Deutschland… Aber wie steht eigentlich die Politik dazu, die schauen einfach mal zu was passiert.

Timur Vermes ist wieder eine geniale Satire gelungen. Nach „Er ist wieder da“, befasst er sich auch hier wieder mit einem sehr heiklen und aktuellem Thema: Flüchtlinge! Er spielt mit einer Zukunftsvision, die einem gar nicht mal so absurd vorkommt. Hier bekommt wirklich jeder sein Fett weg. Die Politiker, die Hände in den Schoß legen und hoffen, dass sich das „Problem“ schon von alleine erledigt. Das Fernsehen, dem es nur um die Quote und ums Geld geht. Die Gesellschaft, die im Überfluss lebt und sich mit extrem überflüssigen Dingen befasst. Jeder bekommt hier einen Spiegel vorgehalten und das macht der Autor mit seinem bekannt bissigen Humor. Daher darf trotz der schweren Kost an vielen Stellen ordentlich geschmunzelt werden.

Die Story beginnt etwas schleppend. Man muss ungefähr ein Drittel des Buches lesen, bis die eigentliche Reise endlich losgeht. Aber ab dann spitzt sich die Situation immer weiter zu. Der Marsch durch die Wüste bekommt eine Eigendynamik, die weder durch die Politik, noch durch das Fernsehen zu kontrollieren ist. Dennoch ist das erste Drittel wichtig, weil wir so die Möglichkeit haben, die Figuren und die Situation kennenzulernen. An manchen Stellen, ist die Story etwas langatmig, was aber im Ganzen zu verschmerzen ist.

Die Figuren sind grandios. Selbstverständlich ist alles total überspitzt dargestellt, so wie es sich für eine ordentliche Satire gehört. Vor allem Nadeche Hackenbusch, die naive, dumme Moderatorin, mit ihrem katastrophalen Englisch, ist der Knaller. Für viele Leser mag sie nervig sein, ich habe mich köstlich über sie amüsiert.  Und für alle, die auch schon „Er ist wieder da“ kennen, gibt es ein Wiedersehen mit Herrn Sensenbrink. Er ist genauso „menschenfreundlich“ und „liebenswert“, wie wir ihn kennen.

Ich hatte nicht nur großes Glück, das Buch lesen zu dürfen, ich habe parallel dazu das Hörbuch laufen lassen. Ich kann das nur jedem empfehlen. Christoph Maria Herbst ist als Sprecher eine Naturgewalt.  

Timur Vermes hat sich wieder einmal selbst übertroffen, dieses Buch ist spritzig, aktuell, böse und sehr unterhaltsam. Einen kleinen Abzug gibt es, weil es sich an einigen Stellen ziemlich zieht, nichtsdestotrotz kann ich dieses Buch empfehlen.