Rezension

Tod einer Sängerin

Zwischen Schatten und Licht - Heike Rommel

Zwischen Schatten und Licht
von Heike Rommel

Bewertet mit 5 Sternen

„...Die letzten Tage, ja sogar die letzten Wochen, die er wie im Rausch verbracht hatte, kamen ihn unwirklich vor. Fast so, als wäre er nur eine Marionette in einem Stück, dessen Plot er nicht kannte...“

 

Bei Kommissarin Nina Tschöke herrscht die übliche morgendliche Hektik. Sie hat ihren geistig behinderten Bruder Kai bei sich aufgenommen und sorgt dafür, dass er rechtzeitig auf Arbeit kommt.

Am gleichen Tag erwacht Marleen Seismo im Hotel in Bielefeld. Sie ist in die Stadt ihrer Kindheit zurückgekehrt, um ein Konzert zu geben. Am Abend vorher war sie zu einem Klassentreffen.

Stefan, Ninas ehemaliger Freund, nimmt Kai zu dem Konzert mit. In der Pause lässt sich Kai am Tisch der Sängerin ein Autogramm geben. Kaum hat sie die Bühne wieder betreten, bricht sie zusammen. Jede ärztliche Hilfe kommt zu spät.

Die Autorin hat einen fesselnden Krimi geschrieben. Es ist der dritte Band mit dem Team der Kriminalisten. Ab und an gibt es kurze Hinweise auf die Vorgängerbände. Das betrifft dann vor allem die Entwicklung im Team, kaum die alten Fälle.

Schnell stellt sich heraus, dass es in Marleens Ehe nicht zum besten stand. Auch in der Band gab es Reibereien, denn nicht jeder war mit Marleens neuen Plänen einverstanden. Natürlich mussten auch die Teilnehmer des Klassentreffens befragt werden. Dort schien alles eitel Sonnenschein. Marleen war der Star des Abends, und das wurde von allen akzeptiert. Und dann gibt der Blick in ihre Mails einen weiteren Hinweis.

Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Schritt für Schritt darf ich die Ermittlungen verfolgen. Gleichzeitig werden die Spannungen im Team deutlich. Bent, der Leiter, schickt Dominik grundsätzlich zu Außenterminen. Dafür fühlt sich Nina von Bent angezogen. Doch der hat ein Geheimnis, von dem bisher keiner weiß.

Kai, der einer der letzten war, die mit Marleen gesprochen haben, schweigt zu den Vorgängen. Er mag die neugierigen Fragen nicht und fühlt sich bedrängt.

Die Befragungen erlauben mir einen Einblick in die Vergangenheit der Protagonisten. Nicht für jeden haben sich die Lebensträume erfüllt. Die Band existierte schon in der Schulzeit. Damals gab es unterschiedliche Besetzungen, bis sich die endgültige Gruppe fand. Das ging natürlich nicht ohne Verletzungen ab.

Gut ausgearbeitete Dialoge bringen die Handlung voran, aber nicht die Ermittlungen. Das liegt an den komplexen Beziehungen zwischen den Protagonisten. Den Ablauf der Tat konnten die Kriminalisten fast exakt recherchieren. Nur die handelnden Personen entziehen sich ihrer Kenntnis.

Obiges Zitat stammt von Sebastian Siekmann. Der Pianist soll neu in die Band einsteigen, nachdem er einst den Platz räumen musste.

Sehr vorsichtig spricht die Autorin ein Thema an, was für die Handlung eine besondere Rolle spielt. Wie weit darf man in einer Befragung gehen, um den Täter zu einer Aussage zu bewegen? Auch hier zeigen sich die verschiedenen Charaktere der Kriminalisten. Bent setzt die Grenzen sehr eng. Korrektheit gehört zu seinen wichtigsten Charaktereigenschaften. Dominik sieht etwas mehr Spielraum.

Sehr genau werden die Emotionen der Protagonisten herausgearbeitet. Sebastians Trauer, Ninas Angst und die Neugier einer Mutter sind wenige Beispiele dafür. Diese Gefühle werden nicht nur in Worten formuliert, sondern sie spiegeln sich im Handeln wider.

Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen. Das lag nicht zuletzt an dem gekonnten Zusammenspiel von dienstlichen Aufgaben und Privatleben und an der psychischen Tiefe, mit der die Personen gekennzeichnet wurden.