Rezension

Tödliche Spiele

Panic - Wer Angst hat, ist raus - Lauren Oliver

Panic - Wer Angst hat, ist raus
von Lauren Oliver

Bewertet mit 3.5 Sternen

Carp heißt die Kleinstadt, in der Heather, ihr bester Freund Bishop, ihre beste Freundin Natalie und der Außenseiter Dodge leben. Carp könnte genauso gut Arse heißen, denn so fühlen sich die Jugendlichen dort: als würden sie am Ende der Welt leben, ohne Perspektiven, ohne Geld, ohne Zukunft. Doch sie haben ein Spiel entwickelt, die Jugendlichen dort, ein Spiel, in dem es um sehr, sehr viel Geld geht. Jeder, der in Carp auf die dortige Schule geht, zahlt jeden Tag einen Dollar ein, ohne Ausnahme. Jeden Tag seiner gesamten Schulzeit. (Es wird übrigens nie geklärt, wie sich die Kids das leisten können, ich meine, selbst grob überschlagen und unter Abzug von ca. 3 Monaten Ferien sind das im Jahr 250 Dollar pro Person, und das, obwohl manche aus extrem armen und zerrütteten Familien kommen. Ein lapidares "Wer nicht zahlt, wird dazu gezwungen" muss als Ausgangsbasis des Buches reichen.) Doch lassen wir das mal außen vor und konzentrieren uns auf den Jackpot, der jedes Jahr für die Schulabgänger, die dieses Spiel namens Panic spielen, bereitsteht. Mindestens 50.000 Dollar bekommt der Sieger. Eine Menge Geld. Und dieses Jahr sind es sogar über 60.000. Nicht alle Schulabgänger spielen mit, aber diejenigen, die spielen, wissen, dass sie sich auf gefährliche Sachen einlassen. Wie Dodge, der nur deshalb mitspielt, um seine Schwester zu rächen, die vor zwei Jahren schwer verunglückt ist. Oder Heather, die eigentlich gar nicht mitspielen wollte, jedoch ihre kleine Schwester aus dem Drogenumfeld ihrer Mutter holen möchte. Oder Natalie, die von einer Karriere als Schauspielerin träumt.

Und Bishop? Bishop macht anscheinend gar nichts, außer seiner Freundin Heather mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Doch sie alle verbergen ihre Geheimnisse. Aufgrund dieses riesigen Jackpots gibt es dieses Mal auch besonders grausame Prüfungen. Bei Regen über eine Stange auf 15 Metern Höhe zu balancieren. Mit verbundenen Augen eine Schnellstraße zu überqueren. So lange wie möglich in einem brennenden Haus auszuhalten. Russisch Roulette zu spielen. Sich seinen größten Ängsten zu stellen. Grausame Aufgaben, die nur die Verzweifeltsten und Entschlossensten bewältigen können. Niemand weiß, wer die Punkterichter sind, die sich die Aufgaben ausdenken, aber eines ist klar: Es ist jemand von ihnen, jemand, der sie und all ihre Ängste sehr gut kennt. Und gewinnen kann nur einer - wird es wieder einer sein, der auch über Leichen gehen würde?

Ich schätze Lauren Oliver als Autorin sehr; ihre Amor-Trilogie gehört für mich auf jeden Fall zu den besten Dystopien im Jugendbereich. Von daher war es gar keine Frage, dass ich zu diesem Buch gegriffen habe. Und wieder war ich von der Schreibweise gefesselt, die Frau hat einfach einen wirklich guten Stil, nicht übertrieben, aber auch nicht plump oder gar einfach, sie weiß mit Worten umzugehen, ohne zu überfordern. Trotzdem hatte ich einige Schwierigkeiten. Ich habe bis zuletzt keinen richtig tiefen Zugang gefunden, zu niemanden von den Spielern, obwohl wir immerhin aus zwei Perspektiven lesen durften: Heathers und Dodges. Nicht, dass sie unsympathisch gewesen wären, aber es war auch nicht so, dass ich mich jetzt ernsthaft mit einem von ihnen hätte identifizieren könnte. Trotzdem muss ich hervorheben, wie sehr ich Olivers Gabe bewundere, ohne Kitsch auszukommen und realitätsnahe Freundschaften zu beschreiben.

Ich hatte auch ein paar Probleme mit dem Spiel an sich. Ich verstand die Richter nicht: Obwohl sie teilweise mit den Leuten befreundet waren, dachten sie sich Aufgaben aus, die tödlich enden konnten und es manchmal auch taten. Auch nehme ich nicht ab, dass man so ein Spiel über so viele Jahre so geheim halten kann. Die Drohungen, in die Spielkasse einzuzahlen, habe ich ja schon erwähnt. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass nie jemand ausbrach, dass niemals jemand das Spiel auffliegen ließ, nicht einmal bei Polizeibefragungen, die ja vorkamen. Das ist nicht logisch, irgendeiner knickt immer ein. Teufel, selbst als unbescholtener Erwachsener hat man das Bedürfnis, bei der Polizei alle seine Sünden zu beichten, wie hart können also Jugendliche sein?

Fazit: Trotz einiger Ungereimtheiten war das Buch durchaus spannend und dank des hervorragenden Schreibstils interessant zu lesen.

Kommentare

Leila99 kommentierte am 25. Dezember 2014 um 13:48

Klingt interessant, das mit den Ungereimtheiten sieht sicherlich jeder ein bisschen anders, aber wenn dort alle Angst haben sind sie sicherlich auch bereit, alles dafür zu tun, um das Geld zusammen zu bekommen und amerikanische Jugendliche gehen ja oft schon relativ früh neben der Schule arbeiten, vielleicht haben sie ja daher das Geld?