Rezension

Toll!

Transatlantik - Colum McCann

Transatlantik
von Colum Mccann

Bewertet mit 5 Sternen

Das war ein absoluter Zufallskauf. Den Titel fand ich langweilig, den Klappentext nichtssagend, aber ich brauchte spontan irgendwas für die Zugfahrt und es schien mir, als würde ich durch das Buch nicht dümmer werden. Im schlimmsten Fall reicht mir das ;)

Und nach der Lektüre bin ich völlig begeistert. Ein Brief wird geschrieben und dem ersten Transatlantik-Überflieger mitgegeben. Sein Ziel erreicht er erst viel Jahrzehnte später und niemand traut sich, ihn zu öffnen. Schon allein wegen dieses Briefgeheimnisses, den verschiedenen Aspekten darum herum, ist der Roman einen Kniefall wert.

Der Autor erzählt ca. 150 Jahre Irisch-Amerikanische Geschichte, ohne Klischees zu bemühen und immer am Beispiel nachvollziehbarerer, unstereotyper Charaktere. Die einzelnen Schicksale sind total eng miteinander verwoben und trotzdem könnte man jedes einzelne als herrausragen gut geschriebene Kurzgeschichte lesen. In seiner Sprache schwingt eine berührende, aber nicht aufdringliche Melancholie. Hier simmt einfach alles: Plot, Stil, Historie, Tragik und Hoffnung.

Besonders berührend fand ich die Beschreibung der Hungersnot in Irland, als viele das Land verlassen mussten und nach Amerika aufgebrochen sind. Und der Autor schreibt so, als wäre er dabei gewesen. Wahnsinn. Und besonders erhellend war, als der ehemalige amerikanische Sklave, der in Irland auf "Tournee für die Freiheit" geht, offenbart, dass seine Frau in der Ehe doch nichts zu sagen hätte. Die jeweilige, historische Definition des Freiheitsbegriffs ist auch ein zentrales Thema und die Entwicklung wird einem lockerflockig mit auf den Leseweg gegeben.

Wer gut geschriebene Familiensagas und historische Romane mag, der sollte das unbedingt lesen.