Rezension

Toll gestaltetes Jugendbuch mit hinreißender Liebesgeschichte und ernstem Nebenthema, das zeigt, dass im Leben schöne und schreckliche Schicksale Tür an Tür nebeneinander existieren und man sein Umfeld oft aufmerksamer wahrnehmen sollte.

Geisterzeilen - Janina Ebert

Geisterzeilen
von Janina Ebert

Bewertet mit 4 Sternen

Schon als ich Janina Eberts “Geisterzeilen” das erste Mal in den Händen hielt, war ich völlig hingerissen von dem Buch, weil es sich ganz besonders anfühlt, wenn man mit der Hand darüberstreicht. Das Cover fühlt sich an wie eine Mischung aus Gummi und Samt und der Name der Autorin, plus der Titel sind in den Buchdeckel eingestanzt und spiegeln silbern.

Die liebevolle, verspielte Gestaltung setzt sich dann im Inneren des Buches fort. Jedes Kapitel, von denen es insgesamt 17 gibt, wird auf einer eigenen Seite angekündigt. Dort findet man jeweils die Kapitelüberschrift, die sich immer aus zwei Teilen zusammensetzt (z.B. Kapitel 1: Herzschmerz & unerwartete Hilfe) und in der gleichen Schrift gehalten ist, wie der Titel auf dem Cover. Außerdem ist die komplette Seite mit einer unleserlichen, grauen Schrift hinterlegt und unter der Überschrift ist jedes Mal das gleiche Bild zu finden – nämlich ein Flur mit einer Treppe, die nach oben führt.

Janina Eberts Schreibstil macht gewissermaßen süchtig. Sie hat in “Geisterzeilen” eindrucksvoll bewiesen, zu welch unterschiedlichen Textarten sie in der Lage ist, indem sie die drei Geister, ganz individuell über die Protagonistin Helena schreiben ließ. Zugleich ist der restliche Text, nämlich die Geschichte, die von Helena erzählt wird, aber in einer jugendlich einfachen Art gehalten – eben so, wie eine 16-Jährige erzählen würde. Was im übrigen noch auffällt ist, dass sich Helena während ihren Ausführungen immer wieder direkt an den Leser richtet und man sich dadurch irgendwie einbezogen fühlt.

Die drei Geister, die Helena schreiben lassen, sind, wie schon erwähnt, ganz verschieden. Oskar schreibt direkt und sachlich – oftmals schon schmerzhaft treffend und hat viel Lebenserfahrung, wohingegen ein anderer Geist verstörende Gedichte schreibt, die wirklich sehr gut sind, aber klar machen, dass diese Person wohl freiwillig aus dem Leben ging. Und dann ist da noch ein anderer namenloser Geist, der Helena mit seinen Worten Bauchkribbeln beschert – er schreibt sehr fantasievoll und seine Geschichten haben immer den gleichen Anfang und das gleiche Ende, nämlich “Es war einmal…” und “Und wenn sie nicht gestorben sind…”.

Obwohl es sich eigentlich um eine Liebesgeschichte handelt, wird trotzdem am Rand ein sehr ernstzunehmendes Thema mit einbezogen, das unsere Gesellschaft noch immer zu ignorieren versucht. Erst durch die Texte eines Geistes, wird Helena mit dem Thema Kindesmissbrauch konfrontiert und das nimmt auch gegen Ende einen starken Einfluss auf die Geschichte.

Trotzdem kann man ganz klar sagen: Alle Happy End-Verwöhnten kommen voll und ganz auf ihre Kosten. Nur fand ich das Ende zu abrupt bzw. zu oberflächlich – denn es werden zu Schluss einfach mal sechs Jahre sehr knapp zusammengefasst und somit eigentlich übersprungen und das hat mir nicht besonders zugesagt.