Rezension

Tolle Atmosphäre und spannend erzählt!

Der unsichtbare Gast - Marie Hermanson

Der unsichtbare Gast
von Marie Hermanson

Bewertet mit 4.5 Sternen

Bereits die ersten Seiten des Romans „Der unsichtbare Gast“ von Marie Hermanson ziehen den Leser aufgrund des herrlich atmosphärischen Schreibstils in ihren Bann und lassen ihn über die insgesamt 245 auf 38 Kapitel verteilten Seiten nicht mehr los.

Erzählt wird die Geschichte von Martina, die sich zu Beginn des Buches in einer ausgeprägten Existenzkrise befindet. Nachdem sie sich lieber den angenehmeren Seiten des Lebens als ihrer Ausbildung gewidmet hat, sieht sich die junge Frau nun mit einer Arbeitswelt konfrontiert, in der selbst die unangenehmsten Stellen nur von begrenzter Dauer sind und kaum für einen geregelten Lebensunterhalt ausreichen. Als sie dann auch noch in die Situation gerät, sich eine neue Bleibe organisieren zu müssen und eine Rückkehr in ihr Elternhaus ausgeschlossen ist, trifft es sich in Anbetracht ihrer andauernden Pechsträhne erstaunlich gut, als Martina zufällig auf ihre alte Schulfreundin Tessan trifft. Tessan wohnt auf dem Gutshof Glimmenäs einer wohlhabenden älteren Dame namens Florence, die Tessan dort als ihr Hausmädchen eingestellt hat. Das Besondere ist allerdings, dass Florence nicht tatsächlich im Hier und Jetzt lebt, sondern sich auf ihrem Gut eine eigene Traumwelt geschaffen hat, wie sie sie aus den 1940er Jahren kannte. Auch Martina bezieht bald darauf ein Zimmer auf Glimmenäs und arbeitet fortan für Florence als Sekretärin. Doch wie lange kann das so gut gehen? Und was ist, wenn noch mehr Figuren das wackelige Spielfeld betreten? Wie lange kann diese kleine Welt fernab der Realität weiter ungestört in dieser Form existieren...?

Der Autorin gelingt es in „Der unsichtbare Gast“ nicht nur, die Atmosphäre von Glimmenäs und das Leben der Protagonisten auf dem Gut perfekt einzufangen und dem Leser darzustellen, sie schafft unter Einbezug eines nicht nur geringen Anteils an Sozialkritik zudem ein wirklich gut durchdachtes Zusammenspiel der beteiligten Figuren, die mit ihren verschiedenen Charakterzügen und unterschiedlichen Ambitionen jeder eine ganz eigene Rolle im Leben von Florence und insbesondere innerhalb ihrer kleinen Gruppe zu spielen haben. Der Ton der Geschichte ist relativ ruhig und dennoch durchzieht den ganzen Roman durch die zahlreichen, für den Leser größtenteils durchaus überraschenden Wendungen eine vielleicht etwas subtile, aber dennoch solide Spannung, die es einem schwer macht, eine Lesepause einzulegen und den Erzählfluss zu unterbrechen. Man begleitet Martina gerne während ihres Aufenthalts auf dem Gutshof und beobachtet gespannt, wie sie dort neue Menschen kennenlernt, wie sich diese in das Leben auf Glimmenäs integrieren und wie sich alle immer wieder neuen Situationen ausgesetzt sehen und diesen auf ihre ganz individuelle Art – und den damit in Kauf genommenen Konsequenzen – anpassen.

Fazit: eine interessante Geschichte, atmosphärisch dicht und überaus spannend erzählt – ein empfehlenswerter Roman voller unerwarteter Wendungen!