Rezension

Tolle Fortsetzung einer Reihe

Die Sturmschwester - Lucinda Riley

Die Sturmschwester
von Lucinda Riley

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt
Wir lernen hier die zweite der sieben Schwestern kennen, nämlich Ally. Sie ist Berufsseglerin und fühlt sich auf dem Wasser zu Hause. Doch dann passiert etwas Tragisches, das dafür sorgt, dass sie vorerst genug vom Meer hat. Da auch Ally adoptiert wurde, hat ihr Vater ihr Hinweise hinterlassen, wie sie ihre Familie finden kann und zwar unter anderem ein Buch. Und hiermit beginnt die Geschichte in der Geschichte. 

Ich hätte wirklich nicht damit gerechnet, dass Lucinda Riley hier neue Facetten von sich zeigen kann. Der Großteil von Die Sturmschwester erzählt nämlich von der Geschichte in der Geschichte, also dem Buch, welches Ally vererbt bekommt. Hier begleiten wir eine junge Sängerin, deren Talent nur durch Zufall entdeckt und auch gefördert wurde. Doch ist sie sich lange nicht sicher, wo ihr Platz auf der Welt ist und vor allem, wer es wirklich gut mit ihr meint. 

Die Geschichte in der Geschichte fand ich beinahe spannender, als die Gegenwart, in der es um Ally ging. Dennoch hat es Lucinda Riley geschafft, Allys Charakter so gut herauszuarbeiten, dass wir sie trotzdem begreifen können, obwohl wir sie, im Vergleich zum anderen Handlungsstrang, verhältnismäßig wenig erleben. 

Was mich aber an dem Hörbuch störte, war der abrupte Abbruch des Handlungsstranges mit der Sängerin. Hier erfahren wir zum Schluss, dass eine wichtige Szene bevorsteht, von deren Ausgang uns aber nur von Dritten erzählt wird. Das war mir persönlich etwas zu leicht gelöst. Dennoch war der Sprung nötig, da die Parallele zu Ally gezogen werden musste und das nur möglich gewesen wäre, wenn man diesen Handlungsstrang von Grund auf anders aufgebaut hätte. 

Dennoch war ich überrascht, dass sich Lucinda Riley beim zweiten Teil der Reihe eine Art neues Stilmittel einfallen lässt und nicht sieben Bände lang eine Geschichte mit einem ähnlichen Strickmuster erzählt. Auch was die Konflikte in der Geschichte betrifft, stellt sich die Autorin hier neuen Themen: Im Mittelpunkt stehen vor allem die Migration und die Rolle der Frau im Beruf. 

Ally hat sich eine Leidenschaft ausgesucht, die von Männern dominiert wird. Das hat sie hart werden lassen. Schließlich muss sie sich in ihrem Beruf, der von Männern dominiert wird, behaupten können und glaubt, nur akzeptiert zu werden, in dem sie kühl und sachlich bleibt. 

Die junge Sängerin muss ihr Heimatland verlassen und findet sich in einem Land wieder, in dem sie nicht nur auf sich gestellt ist, sondern auch große, sprachliche Probleme hat. Was mir hier sehr gut gefallen hat, ist dass Lucinda Riley deutlich gemacht hat, dass Sprache der Schlüssel zur Kommunikation ist. 

Kommen wir nun zur Gestaltung des Hörbuchs. Leider wurde die Geschichte nur als gekürztes Hörbuch produziert. Auch bei dieser Geschichte bin ich wirklich neugierig und hätte gerne gewusst, an welchen Ecken Kürzungen vorgenommen wurden. Auf der Website des Hörverlags wird uns verraten, dass die Geschichte von drei Sprecher*innen gelesen wird. Allerdings sind die Teile, in denen sie zum Einsatz kommen, nicht unbedingt gleichmäßig aufgeteilt, was aber vor allem an den Charakteren liegt, die sie interpretieren. 

Ally wird von Sinja Dieks gesprochen. Wir lernen sie bereits am Ende des ersten Bandes dieser Reihe kennen. Sie hat eine helle Stimme, die noch sehr jung klingt. Sie arbeitet Allys Charakterzüge, die Reserviertheit gegenüber Fremden, aber auf der anderen Seite die Vertrautheit Personen gegenüber, die sie liebt, sehr gut heraus. 

Der Großteil der Geschichte wird aber von Oliver Siebeck gelesen. Ich habe erst ein bisschen gebraucht, um mich an seine Stimmfarbe zu gewöhnen. Er hat eine dunkle, aber recht dünne Stimme. Als aber klar war, wohin die Reise in dem Handlungsstrang geht, der von ihm gelesen wurde, war mein Interesse für die Geschichte geweckt und ich fand es spannend zu hören, wie er die unterschiedlichen Charaktere interpretierte, die in diesem Handlungsstrang auftauchten. 

Bettina Kurth lernen wir erst in den letzten Minuten der Geschichte kennen. Sie wird uns im dritten Teil dieser Reihe begleiten und die Rolle von Allys Schwester Star lesen. Von Star habe ich einen teils zerbrechlichen, aber auch sehr starken Eindruck. Sie weiß, wie sie auf Andere wirken muss, bleibt sich aber treu. Dennoch finden wir schnell heraus, dass es eine Situation gibt, die sie offenbar belastet. Und all diese Facetten hat Bettina Kurth innerhalb weniger Minuten herausgearbeitet. 

Was mir an Lucinda Rileys Schreibstil aufgefallen ist, ist das sie einerseits sehr viel erzählt, aber andererseits manches zwischen den Zeilen erzählt, was für uns Hörer*innen dann offensichtlich scheint, aber was die Charaktere der Geschichte erst noch herausfinden müssen.

Sie beschreibt zwar die verschiedenen Facetten von Liebe, aber ohne, dass wir vor dem Hörbuch sitzen und mit den Augen rollen, weil wir von Kitsch umgeben sind. Das hat mir hier wirklich gut gefallen. 

Gesamteindruck 
Ich bin positiv überrascht, weil ich eigentlich geglaubt hatte, Lucinda Rileys Strickmuster durchschaut zu haben und immer wieder feststelle, dass es offenbar doch nicht so ist. 

Was mir hier sehr gut gefallen hat, war die Verstrickung der Handlungsstränge und die Auseinandersetzung mit immer noch aktuellen Themen, die aber subtil in die Geschichte eingeflochten wurden.