Rezension

Tolle Geschichte, verwirrendes Ende

Sommernachtstraum - Tanya Lieske

Sommernachtstraum
von Tanya Lieske

Bewertet mit 4 Sternen

Shakespeares Sommernachtstraum soll von Schülern der 9. Klasse zum Schuljubiläum aufgeführt werden. Voller Tatendrang macht sich der Klassenlehrer Ben daran, dieses Theaterprojekt mit englischem Text auf die Beine zu stellen. Liebe liegt in der Luft und nicht nur Shakespears Charaktere verstricken sich in ihren Gefühlen, sondern auch die Schüler der Klasse 9 c, ihr Klassenlehrer Ben und diverse Elternteile.

Die blonde Helena liebt den dunklen Demeter, doch der will die kleine dralle Hermia. Diese hat sich aber mit ihrer großen Liebe Lysander aus dem Staub gemacht. Der Elfenkönig Oberon will seine Titania zurück aber diese verliebt sich in den eselsköpfigen Zettel. Shakespears Sommernachtstraum erzählt über die Irrungen und Wirrungen der Liebe, welche durch den Schabernack des kleinen Puck schließlich gänzlich aus den Fugen geworfen werden. Dieser verwirrenden Liebeskomödie stellen sich die Schüler der Klasse 9 c. In einem Theaterprojekt wollen sie den Sommernachtstraum zum Schuljubiläum auf die Bühne bringen. Da Klassenlehrer Ben Englisch unterrichtet, soll dies auch in der englischen Originalversion vorgetragen werden. Genau wie Shakespears Protagonisten verstricken sich die Schüler, Lehrer und Eltern im Verwirrspiel der Liebe. Struppi liebt Mireille, Max kann sich zwischen Rosetta und Valeria nicht entscheiden, Lehrer Ben liebt Beatrice, aber diese beginnt eine Affäre mit Mireilles Vater.

Die Geschichte wurde in der personalen Erzählperspektive geschrieben, dabei wechselt der Focus zwischen den unterschiedlichen Protagonisten. Man erfährt über jeden der Schüler und Lehrer wichtige Details, versteht ihre Gefühle und kann die Handlungen nachvollziehen. Der Leser wird schon im ersten Kapitel mitten in die Klasse 9 c hineingezogen. Jeder Schüler kämpft mit seinen eigenen Problemen. Dabei sind sie unterschiedlich erfolgreich. Mireills Eltern haben sich getrennt, von ihrem Vater wird sie ständig vergessen und ihre Mutter verschwindet so tief im Selbstmitleid, dass sie einen Selbstmordversuch unternimmt. Niemand bemerkt die Essstörungen des  Mädchens. Struppi wohnt mit seiner kleinen Schwester und einer alkoholkranken Mutter zusammen. Er hat oft nichts zu essen und geht hungrig in die Schule. Mit dem Pfand der herumliegenden Flaschen kann er seiner Schwester hin und wieder etwas Essen kaufen. Goofy hat das Ende der Welt ausgerechnet und bereitet sich auf den Untergang vor, allerdings würde er vorher gern ein Mädchen küssen. Seine Auserwählte ist Johanna. Aber auch Ivan hat ein Auge auf Johanna geworfen. Ivan wiederholt die 9. Klasse. Er ist größer und breiter als seine Klassenkammeraden und dealt mit Drogen. Seinem großspurigen Verhalten ist nicht zu entnehmen, dass er sich allein um seine kranke Oma kümmern muss. Er versorgt Max mit Drogen. Als das Vergehen entdeckt wird, muss Ivan die Schule verlassen. Seine Rache gibt dem Buch eine dramatische Wendung.

Der Autorin gelingt es perfekt, das Drama jedes Einzelnen langsam vor den Augen des aufmerksamen Lesers aufzurollen. Sie zieht den Leser geschickt immer tiefer in die Handlung hinein, so dass man den Roman nicht einfach in die Ecke legen kann. Prolog und Epilog werden von Shakespeare erzählt. Hier handelt es sich um einen Dialog zwischen Oberon und Shakespeare. Diese Beiden begleiten die gesamten Geschehnisse des Buches. In den Fußnoten befinden sich hin und wieder kleine Ergänzungen, Anmerkungen oder Dialoge der Beiden. Die gesamte Geschichte wird von Oberon aus der personalen Erzählperspektive wiedergegeben. Er tritt auch als ominöser Tramp hin und wieder in Erscheinung. Dadurch erhält die Geschichte etwas Magisches. Um nicht den Faden zu verlieren, muss man diese Erzählung wirklich aufmerksam lesen. Besonders hilfreich ist dabei das Verzeichnis der handelnden Personen und ihrer Rollen noch vor dem ersten Kapitel. Um bei der Vielzahl an Charakteren nicht durcheinander zu kommen, kann der Leser hier nachschlagen. Ich gebe zu dies mehr als einmal in Anspruch genommen zu haben.

Das Ende ist etwas holprig und wirklich verwirrend. Die Schüler spielen das Stück auf einer Wiese in der Nacht im Park. Von einem Sommernachtstraum wird alles irgendwie zu einem Sommernachtsrausch. Man fragt sich unwillkürlich was die Schüler eingeworfen haben. Vielleicht lag ja doch etwas von Oberons Elfenmagie in der Luft.

Nach Angaben der Autorin beruht der Roman auf wahren Begebenheiten. Den Anstoß zum Roman hat der Lehrer Ben Zimmerman gegeben. Aus einer intensiven Recherche und vielen Interviews mit alles Beteiligten ist der vorliegende Roman entstanden.

Eine wirklich geniale Hommage an Shakespeare zu seinem 400. Todestag. Er wäre bestimmt stolz, den Anstoß zu den geschilderten Ereignissen gegeben zu haben.

Dieser Roman eignet sich sehr gut, um Shakespears Sommernachtstraum im Unterricht zu behandeln, setzt allerdings voraus wenigstens den groben Inhalt des Stücks zu kennen. Diskussionsschwerpunkte sind Drogen, Mobbing, Bulimie und zerrüttete Familienverhältnisse. Für Jugendliche ab 14.