Rezension

Tolle High-Fantasy, in Sachen Liebesgeschichte aber leider etwas mau.

Seelenkuss - Lynn Raven

Seelenkuss
von Lynn Raven

Bewertet mit 3.5 Sternen

Ich würde mich nicht als eingefleischten Lynn Raven - Fan bezeichnen, aber die Bücher die ich bisher von ihr gelesen habe, haben mir doch sehr gut gefallen. Ich rede hier von DER KUSS DES KJER und BLUTBRAUT. Deswegen habe ich mich natürlich gefreut, als ich SEELENKUSS in der Verlagsvorschau entdeckt habe. So ist es dann auch ganz schnell bei mir eingezogen und wurde auch schnell gelesen.

SEELENKUSS ist ein High-Fantasy Roman und mit seinen 567 Seiten auch ein ziemlich dicker Schinken, den man nicht eben mal so schnell wegliest. Doch auch ohne genau zu wissen, was da auf mich zukommt habe ich mich herangewagt und bin mit einer äußerst spannenden Geschichte belohnt worden. Allerdings muss ich sagen, dass SEELENKUSS mir in Bezug auf seine Liebesgeschichte nicht so gut gefallen hat. 

Die Welt die Lynn Raven in diesem Buch schafft ist sehr vielseitig und äußerst interessant. Sie birgt ein paar Elemente, die man in vielen High-Fantasy Büchern findet, wie etwa das etwas mittelaterliche Setting. Allerdings kommen unglaublich viele Eigennamen und Worte vor, die sich nicht sonderlich leicht lesen und verstehen lassen. Zum Beispiel DúnAnór, aber das ist nur ein Beispiel von vielen (Eine Liste der Begriffe findet ihr HIER). Hinzu kommen die Namen von seltsamen Tieren, Landschaften, Pflanzen und anderen Dingen. Meiner Meinung nach wäre das nicht unbedingt nötig gewesen, aber es verleiht dem ganzen doch eine ganz eigene Note. Was ich allerdings total überflüssig fand waren die Unterarmflossen und Kiemenspalten, die Menschen eines bestimmten Stammes haben. Es wird erklärt, woher sie kommen und was sie für eine "Rolle" haben, aber ich fand das doch einen Ticken zu viel. Das ist aber wohl Geschmackssache.

Der Einstieg in das Buch ist nich ganz so einfach. Man wird als Leser ins kalte Wasser geworfen und mit Informationen versorgt, mit denen man erst mal gar nichts anfangen kann. Erst mit der Zeit und nach ein paar Perspektivwechseln wird klar, was passiert ist. Einige Fragen bleiben aber lange offen, weil Darejan, mit der man die meiste Zeit als Leser verbringt, sich einiger Sachen nicht bewusst ist. Mit der Zeit wird klar, warum das so ist, aber für den Anfang muss man sich damit abfinden. Ich persönlich fand die Perspektivwechsel gut, auch wenn nicht immer gleich gesagt wurde, mit wem man es nun zu tun hat, da musste man schon selbst drauf kommen. Einige Kapitel aus der Sicht von Ahoren musste ich stellenweise zwei Mal lesen, denn dadurch, dass er im Körper von Seloran steckt, wechselt es zwischen "Er" und "Ihr" und das war nicht gerade einfach, aber man hat den Dreh dann schnell heraus.

Kommen wir aber mal zu den Charakteren. Darejan kann man durchaus als Protagonistin bezeichnen, auch wenn SEELENKUSS nicht alleine ihre Geschichte ist. Ich fand sie gut dargestellt, aber gänzlich von sich überzeugen konnte sie mich nicht. Sie ist wamherzig, manchmal etwas stur, aber auch intelligent. Was ich nicht so sehr an ihr mochte kann ich gar nicht so genau sagen, es war eher so ein Gefühl. Aber alles in allem war ich doch sehr zufrieden mit ihr. Zu dem Gefangenen, dessen Name lange ein Rätsel ist, konnte ich leider kaum eine Beziehung aufbauen, weil er in 90% des Buches zu schwach ist zum Reden, er hat keinerlei Erinnerung an seine Vergangenheit und wenn er redet, dann ist er meistens ein "Kotzbrocken". Tut mir leid, aber so kam es mir vor. Ich hatte ja auch Mitleid mit ihm und habe seine Situation und sein Verhalten auch verstanden, aber mit Leuten die immer schlecht drauf sind komme ich auch im "echten" Leben nicht so klar, weswegen dieser junge Mann mein Herz leider nicht für sich gewinnen konnte.

Damit wären wir auch bei meinem größten Kritikpunkt angekommen: Der Liebesgeschichte. Der Vergleich mit den anderen Büchern der Autorin muss hier leider kommen. DER KUSS DES KJER und BLUTBRAUT leben durch ihre Charakteren und dem Wechselspiel zwischen den beiden. In SEELENKUSS ist von so einer Dynamik zwischen Darejan und Er-der-keinen-Namen-hat leider kaum eine Spur. Die meiste Zeit blafft er sie an und weil man kaum etwas über ihn erfährt und er nicht gerade ein netter Kerl zu sein scheint, sind bei mir leider überhaupt keine Emotionen aufgekommen. "Richtige" Gesprcähe sind leider kaum aufgekommen und ein Knistern zwischen den beiden habe ich auch vergeblich gesucht. Die einzigen romantischen Szenen die vorkommen erlebt man auf eine etwas andere Art mit, aber da die Charaktere mich nicht so überzeugt haben wurde ich einfach nicht mitgerissen und ich habe es eher mit einem Schulterzucken abgetan. Darjean und Er-der-keinen-Namen-hat waren Teil der Geschichte, aber es war nun mal nicht nur ihre Geschichte, auch wenn die "Beziehung" der beiden eine wichtige Rolle spielt. Am Ende könnte dem einen oder anderen durchaus das Herz aufgehen, aber bei mir hat das leider nicht ganz geklappt. Dafür war ich schon im Vorfeld emotional zu wenig eingebunden.

Woran es dem Buch aber nicht mangelt sind abenteuerliche Szenen, wie es sich eben für eine High-Fantasy Roman gehört. Es gibt Kämpfe, lange Reisen, eine Menge Charaktere und eine überaus interessante Hintergrundidee. Man lernt eine Menge über die Welt der Seelen und bekommt ein Bild davon, wie es in der Welt von SEELENKUSS um den Glauben von Leben und Tod steht. Ich fand es sehr gut, wie das Thema "Seelen" und "Tod" dargestellt und wie es in eine spannende Geschichte verpackt wurde. Bis zur letzten Seite war ich mir nicht ganz sicher, wie es wohl ausgehen würde, weswegen ich dann doch an den Seiten geklebt habe.  Es war wirklich aufregend mir Darejan und ihrem "Verrückten" zu reisen und so viele tolle Charaktere kennenzulernen und Geheimnisse aufzudecken. Ich kann nicht mal in Kürze beschreiben was alles passiert, denn dann sitzen wir morgen immer noch hier, weil ich kein Ende finde. 

SEELENKUSS ist etwas für High-Fantasy Liebhaber, die die Grundidee und eine abenteuerliche Handlung zu schätzen wissen. Für Romantiker könnte dieses Buch allerdings etwas enttäuschend sein, weil man nicht hautnah miterlebt, wie sich diese Gewisse Spannung zwischen zwei Charakteren aufbaut und der Funke dann letztendlich überspringt. Schade, muss ich da leider sagen, da vor allem letzteres für mich wichtig war und ich es mir auch erhofft hatte. Die Handlung fand ich wirklich spannend und die Idee auch ziemlich gut, aber die Charaktere und die Liebesgeschichte konnten mich leider nicht überzeugen.

In Bezug auf die Pancake-Bewertung habe ich lange geschwankt. Mein erster Impuls war es, dem Buch 4 Pancakes zu geben, aber nach einer Nacht darüber habe ich mich dann doch für 3 Pancakes entschieden, zu dem ihr euch noch einen halben dazu denken könnt. Für High-Fantasy-Fans ist es wohl ein 4 Pancake Buch, für Romantiker (wie mich :D ) eher nur ein 3 Pancake Buch. Ich habe es gerne gelesen, aber mir hat einfach was gefehlt.