Rezension

Tolle Idee, aber in der Umsetzung hapert es

Alice - Follow the White - Stephanie Kempin

Alice - Follow the White
von Stephanie Kempin

Beginnen wir mit dem positiven: Ich fand den Schreibstil der Autorin toll. Besonders Bettys Tagebucheinträge waren einfach super zu lesen. Betty redet da nichts schön, sondern bringt es einfach auf den Punkt und zwar so, dass ich ständig grinsen musste. Beispiel von der ersten Seite gefällig?
 

"Ich könnte damit anfangen, dass ich das Doofchen noch nie mochte. Das wäre aber schlecht für meine Verteidigung, nicht wahr?"

Betty ist auf ihre Art sarkastisch bis zynisch und genau das mochte ich so an ihr. Dagegen blieben die anderen Charaktere eher blass. Gut, Ethan war noch auf seine Art und Weise amüsant, wäre mir aber ziemlich auf die Nerven gefallen, wenn ich mit ihm reisen müsste. Chloe haut auch ganz gerne mal einen coolen Spruch raus, aber Alice? Vom Titel her dachte ich, sie stände im Mittelpunkt, aber für mich war definitiv Betty die Hauptperson. Bei Alice fehlte mir das i-Tüpfelchen. Sie hat eine Gabe, die auch sehr wichtig wird. Aber obwohl sie sie nie geübt hat, weil sie sie verdrängen wollte, beherrschte sie sie perfekt. Mir fehlte da ein Verweis, dass sie auch mal geübt hat. Vor allem wenn sie in der Gefahr auf einmal was völlig Neues ausprobiert. Bis zum Showdown in dem Buch fehlt Alice auch das eigenständige. Sie ist da eher der Mitläufer. Bzw. es kam mir so vor, weil ihre Entscheidungen teils nicht erklärt wurden. 

Die Geschichte spielt in unserer (?) Welt, dem Wunderland und dem Märenland. Obwohl keine genaue Zeit genannt wurde, bin ich vom Ende des 19. Jahrhunderts ausgegangen. Kutschen und Gaslampen waren noch weit vebreitet. Es gab aber schon Züge und die ersten Busse und langsam verbreitete sich der Strom. Allerdings wurde wie gesagt keine zeitliche Einordnung vorgenommen und da Zug und Busse auch nicht näher beschrieben wurde, besteht da durchaus die Gefahr, dass man vollkommen durcheinandergerät und am Ende nicht weiß, wie das zeitlich einzuordnen ist. Letztens Endes ist mir das auch passiert. Nämlich als es zum Showdown kam und eine weitere Technik ins Spiel gebracht wurde, die auch nicht näher erklärt wurde. In meinen Augen bräuchte man für die schon technologisches Wissen, welches ich in meiner vermuteten Zeit nicht einordnen kann. Hier hätte ich mir viel mehr Informationen gewünscht. 
Auch die gesellschaftlichen Verhältnisse waren mir nicht klar. Irgendwie hieß es erst, dass Personen mit Gaben als Gefahr angesehen werden und deshalb als Kinder in besondere Schulen kommen, dann hat aber gleichzeitig Chloes Stiefmutter eine Gabe, sodass der Adel die anscheinend doch akzeptiert. Also ich war da ganz durcheinander.

Die Idee der Geschichte fand ich übrigens ganz toll. Alice und Zombies und Märchen. Anscheinend aber schwierig umzusetzen. Ich habe OriginalAlice nicht gelesen und kenne nur die Verfilmung von Tim Burton, die sich wohl auch viele Freiheiten erlaubt, aber man findet da schon viele Parallelen. Allerdings teils auch Dinge, wo ich mich fragte, warum sind sie eingebaut worden, zum Beispiel die Teegesellschaft, zu der ich jetzt nichts sagen kann, weil ich zu stark spoilern würde. Ein anderes Beispiel wären die Märchen. Man trifft so einige, aber es geschieht keine wirkliche Interaktion mit ihnen. Ich hatte teils das Gefühl, dass sie ohne Zweck einbaut wurden - bzw. nur zum verdeutlichen, dass man grad im Märenland ist. Und auch bei anderen Sachen hatte ich nach doppelten Lesen noch ein Fragezeichen im Kopf gehabt, weil es einfach nicht genauer erklärt wurde oder mir der rote Faden abhanden gekommen ist. 

Die Story ist bisher als Einteiler gedacht, aber das Ende hat genug Potenzial für einen weiteren Band. Also so einiges könnte man noch als offen ansehen.
 

Fazit
Ein interessante Storyidee, die mich aber nicht vollends überzeugen konnte. Es war amüsant zu lesen, aber teils fehlte der rote Faden und genauere Erklärungen.